Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 193
URIN
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innern Ostnorwegen (im zentralen Ostland, in Østerd., Gbd.,
Valdres, Hall., Num. und im oberen Tel.) und zT. in den siidost-
lichen Kiistengebieten ist es noch schwach vertreten, wåhrend es im
nordi. Trøndelag und im åussersten Norden von Lof. an anscheinend
schon fast alleinherrschend ist. Auch im Isl. und Far. kommen, wenn
auch nicht håufig, entsprechende Formen vor: isl. pissa f., vereinzelt
piss (Isl. 20), wohl selbståndig zum Vb. pissa gebildet, zT. auf bestimmte
Tiergattungen eingeschrånkt (lt. Isl. 34 nur von Katzen, lt. 60 nur
ærpissa)23, — får. piss n. (aus dem Dån. ?) nur in kattapiss (neben son-
stigem land).
72. Wåhrend das Verhåltnis zwischen piss und den ubrigen Typen in
erster Linie in einem chronologischen Unterschied besteht (uber ge-
legentliche Differenzierungen nach Tiergattungen s. im Yorangehenden
sowie unten) und ft vag {tv ag deutlich ein urspriingliches Spezialwort ist,
das erst rel. spåt (wohl erst nach der Wikingerzeit) in einigen Teilen
des westnord. Sprachgebiets in paralleler Entwicklung zur allgemeinen
Bezeichnung fur »Urin« wurde, ist das urspriingliche Verhåltnis von
(h)land und mig(a) weniger durchsichtig. Eine gewisse Orientierung von
(h)land nach Westen, von mig{a) nach Osten låsst sich zwar feststellen,
daneben aber stehen die weiten Mischgebiete vor allem im sudlichen
Norwegen und auf Island, so dass wir grundsåtzlich mit der Moglich-
keit rechnen mussen, dass beide Worter seit alters in ganz Norwegen
nebeneinander existierten, jedoch ursprunglich nicht vollig bedeutungs-
gleich verwendet wurden. Eine Differenzierung im Gebrauch ist heute
tatsåchlich an vielen Orten unverkennbar. Norw. land wird haupt-
såchlich (an manchen Orten ausschliesslich) beim Grossvieh gebraucht
und demgemåss vor allem von Urin, der sich im Stall oder in der Jauche-
grube ansammelt und spåter als Jauche verwendet wird24. In diesem
Sinne wird es von den Gww. nicht selten dem Wort piss als reiner Stoff-
bezeichnung gegenubergestellt.
Dagegen bezieht sich norw. mig{a), wo spezialisierende Angaben vor-
liegen, meist aufs Pferd, und es wird ausserdem eher als land auch vom
23. Dass das Wort keineswegs allgemein bekannt ist, zeigten die Antworten von
Isl. 50 (Gwm. geb. 1881) und 62 (Gwm. geb. 1884) in der miindlichen Aufnahme.
50 kannte es kaum, 62 angeblich nur als Name eines Wasserfalls.
24. Vgl. auch Christensen-Ødelien, Jordkultur oggjødsellære (1937) S. 224, wonach
das Wort gewohnlich synonym mit gjødselvatn »Jauche« gebraucht wird.