Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 206
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KORPERTEILE USW.
schliessende Bed. »kleines Horn«, und auch aus Westnorwegen (i.e.S.)
ist nur die Bed. »Hornspitze« (S-Hord. lt. Aasen) bezeugt, so dass
wir mit einiger Sicherheit annehmen konnen, dass sich die Bed. »Horn-
zapfen« wenigstens im Norw. erst im spåteren Mittelalter oder sogar
nachmittelalterlich entwickelt hat.
Wohl noch junger ist norw. kvik (kvig, kvikk, kvek), kvike (kvik(k)je,
kvek(k)e) m.21, als schw. Fem. oder Neutr. kvika (kveka) in Hord. 36;
Sogn o.F. 922. Das Wort bezeichnet als Substantivierung von kvik
»lebendig« von Hause aus das Fleisch unter Nagel, Klaue oder Huf;
es ist in diesem Sinne schon anord. belegt23 und wird noch heute im
Isl. (als kvika f.) und in dån. Dialekten (kvæge)24 durchwegs, im Norw.
meist so gebraucht. Die Ubertragung auf den verhåltnismåssig weichen
Teil im Innern eines Horns (der aber eigentlich nicht ’lebendig’ ist!) ist
schon durch Aasen (fur G au ld. und Innherred) bezeugt und auch
im Schwed. verbreitet25, aber es fåilt doch auf, dass das Wort in dieser
Bedeutung vor allem in Gebieten mit rel. stark nivellierten Mundarten
(wie Sudostnorwegen, Tr. und Nordnorwegen), daneben aller-
dings einigermassen gehåuft auch im nordl. Hord., in Hard. und Sogn
auftritt. Dabei ist die (mit dem Adj. zusammengesetzte) Bildung kvik-
horn wohl als sekundår im Sinne einer Verdeutlichung gegenuber kvik{é)
»Fleisch unter dem Nagel usw.« aufzufassen.
Wesentlich begrenzter ist die Verbreitung von norw. finn(e) m.26 in
der vorliegenden Bedeutung. Das Wort ist i.S.v. »Finne, Pustel in der
Haut« allgemein verbreitet und nur im lokalen Bereich: in Valdres,
Hall. und im unmittelbar angrenzenden innern Sogn, auf den Horn-
zapfen iibertragen27. Dass es sich in dieser Bedeutung erst spåt auf
21. Die Formen lassen sich, weil oft mit bestimmtem Artikel versehen, im FB nicht
durchwegs auseinanderhalten. Neben wohl håufigerem st. kvik ist schw. kvike
aus Hord. 4,31,32(a); Sogn o.F. 12; S-Tr. 7; N-Tr. 6,7; Nordl. 8,10; Finnm.
2 sicher bezeugt. Ross belegt die schw. Form aus Ost-Tel.
22. Lt. Torp 349 (nach Ross ?) in S-Hord. und Helg.
23. Vgl. Fritzner II 375 (kvika f.).
24. Vgl. ODS XI 985; Feilberg II 343; Molbech 430.
25. Vgl. SAOB K 3399; Rietz 372a; Lindgren, Burtråsk 83; Lindqvist, Sydvåst-
Sverige II Karte 204b.
26. St. Form fim in Oppl. 8-10; Busk. 12; Sogn o.F. 10,12, schw. Form finne
in Oppl. 6,7; Busk. 12 (hornfinne),\5,\6.
27. Die Ubertragung ist angesichts des Grossenunterschieds der beiden ’Sachen’
auffållig; sie geht wohl vom Begriff des unter der Hautanschwellung sitzenden
Fettpfropfens aus.