Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 227
SCHWANZ
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drången, das bisher als Bezeichnung des kurzen Schwanzes wohl un-
gestort neben hale, das besonders von rel. langen Schwånzen gebraucht
wurde, gelebt hatte. Dass bereits rova die terminologische Nivellierung
in Siidnorwegen bewirkte, zeigen die Verhåltnisse in Tel. und Set.
deutlich: rova ist hier fast alleinherrschend, wåhrend spæl und hale trotz
gunstigen sachlichen Voraussetzungen verschwunden sind. Das somit
recht allgemein gebrauchte, nur durch hale und spæl auf einem Teil des
Gebietes eingeschrånkte rova wurde dann in neuerer Zeit selbst durch
das von Osten her weiter vordringende rumpa konkurrenziert. Dass
sich die Auseinandersetzung heute in Norwegen im wesentlichen
zwischen diesen beiden Typen abspielt, zeigt ein Blick auf Karte 31
deutlich: die beiden schliessen sich råumlich gegenseitig aus und ent-
sprechen sich auch bedeutungsmåssig, indem beide nur in den Gebieten,
Wo spæl und hale noch im Gebrauch sind, in ihrem Anwendungsbereich
beschrånkt sind73. Dabei ist rova heute im wesentlichen bereits auf eine
rel. kleine, gleichsam auf allen Seiten umspiilte Reliktinsel im innern
Siidnorwegen (mit dem nordwestl. Hord.) zuruckgedrångt.
Eine in wesentlichen Ziigen abweichende Entwicklung zeigt das neuere
Isl. Abgesehen davon, dass *sperdill als Bezeichnung eines kurzen
Schwanzes schon friih (wohl von rdfa) verdrångt wurde, traten hier
im Verhåltnis von hali, tagl, rdfa und dindill Verschiebungen ein, die
zT. zu einem noch differenzierteren Wortfeld, als wir es im Anord.
feststellen konnen, fuhrten. Indem tagl zur allgemeinen Bezeichnung
des Pferdeschwanzes wurde, blieb flir hali nur der Kuhschwanz iibrig.
Rofa ist zwar im Isl. ebenfalls zur Bezeichnung des ganzen Schwanzes
geworden, wird aber im Gegensatz zum Norw. vor allem von rel. kurzen
Schwånzen, dh. vor allem von Schaf, Hund und Katze gebraucht. In
der Bed. »kurzer Schaf- (und Ziegen-)schwanz« ist es selbst in neuerer
Zeit auf einem grossen siidisl. Gebiet von dindill, das zunåchst anschei-
nend speziell den Schwanz des Seehundes bezeichnete, wieder verdrångt
worden, und auch bei Hund und Katze sind heute neben rdfa die ebenfalls
recht jungen Typen skott und styri im Gebrauch, die somit noch weiter
zu der in der heutigen Form sicher sekundåren Differenzierung des
Wortfeldes beigetragen haben.
73. Beide werden ubrigens auch von wild lebenden Tieren gebraucht. NO (ungedr.)
und NROB II 1211 bzw. 1227 belegen rova (rove) auch von Fiichsen und Båren,
rumpa (rumpe) auch von Fiichsen, Måusen, Ratten und Sprotten, ausserdem
von mythischen Wesen.