Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 309
ZUCHTSTIER
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der Hånd zu weisen ist45, wird durch die unmittelbare Nachbarschaft
zu butiming widerlegt. Buting muss aus butiming durch Kontraktion
entstanden sein, åhnlich wie sich durch eine andersartige Verkiirzung
aus derselben Form das vereinzelte butim N-Tr. 1046 entwickelte.
139. Aasen, Ross und einige meist åltere Wortersammlungen kennen
noch ein weiteres Wort fur »Stier«, das heute in Norwegen praktisch
verschwunden zu sein scheint, da es weder durch das FB noch durch
NO I 802 und OS 43 fur die heutige Mundart beståtigt wird:
bol, bul m., lt. Aasen und Vidsteen in S-Hord. bool, lt. Ross und
Vidsteen in Hord. Stord buul, lt. Christie boll, buil, lt. Chr. Jensøn
1646 ’Buli »en Tyr sive Gradoxe«’. Leem fiihrt aus Rog. Av. die Zss.
'Ein Gra-bul' (= grabull bei Vidsteen) an. Ferner bringt NO I 802
einen Beleg von 1750 fur N-Hord. bei. Anhand dieser Angaben låsst
sich ein einstiges westnorw. Verbreitungsgebiet vom nordi. Rog. bis
Sfj. erschliessen.
Das Wort hat seine Entsprechungen sowohl auf weiteren Gebieten
des Nordens als auch im Westgerm. (vgl. engl. buli, bullock, mnd. nhd.
Bulle; iiber ostnord. Formen s.u.). Formal entspricht es genau anord.
boir, buir »Stamm eines Baumes, Korper, Rumpf«47 (nisl. bolur), seman-
tisch dagegen der schwachen Form boli. Diese ist schon awestn. sowohl
in der Bed. »Stud, Tyr« (in isl. Quellen) wie auch als Beiname (im
Anorw.) belegt48.
Im Nisl. ist boli neben naut und tarjur die gelaufigste Bezeichnung
des Stiers: das FB enthålt 66 Belege gegenuber 69 fur naut und 58 fur
tarfur. Die Bedeutung ist, wie zT. auch bei naut, nicht so pråzis wie bei
tarfur, das stets nur den Zuchtstier bezeichnet. Das Wort wird nicht
selten als kosend empfunden49 und wird an mehreren Orten speziell
vom jungen Stier gebraucht: lt. Isl. 52,55 auf der 1. Altersstufe (ca.
0-1 Jahr), lt. Isl. 20,21,24,27,44,47 auf der 2. (ca. 72,1-172,2 Jahre),
lt. Isl. 66 auf der 3. (ca. 2-3 Jahre), lt. Isl. 46 etwas weniger genau be-
45. Vgl. etwa die bedeutungsmåssigen Parallelen stut, bol, hall, tapp.
46. Die Form ist zwar auffållig, wird aber durch NO I 1117 beståtigt. Da sie aber
wohl dennoch nicht als vollig sicher gelten darf, wurde sie auf Karte 43 nicht
besonders gekennzeichnet.
47. Vgl. Fritzner I 166.
48. Ebd. I 165; Cl-Vigf. 72.
49. So lt. Isl. 8,30,42,43,46; vgl. auch die Koseform bolsi »kleiner Stier« bei H. K.
Laxness, Sjålfstætt folk (1934/35), 2. Ausg. 1952, S. 226 (nicht bei Blondal).