Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Síða 325
JUNGER STIER
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genannt worden zu sein, weil es mehr auf die kleine Gestalt als auf das
geringe Alter bezogen wird23. In diesem Sinne wird das Wort auch
allgemeiner von Menschen und Tieren gebraucht, wie dies NO durch
aus Siidwestnorwegen stammende Schriftsteller belegt24.
Norw. uks(e)tapp hat seine Entsprechung in isl. tappur, tappi m. »(jun-
ger) Stier«, das im Siiden und Sudosten der Insel, von Rang. bis in
den sudlichen Teil von S-Miil., im Gebrauch ist. Auf der Karte sind
die Belege eingezeichnet, nach denen das Wort speziell vom jungen
månnlichen Rind gebraucht wird. Im westlich anschliessenden Gebiet,
ausserdem in Isl. 63, bezeichnet es — gewohnlich in der starken Form
tappur, nur lt. 63 in der schwachen Form tappi — den (Zucht)stier im
allgemeinen, ohne Riicksicht auf das Alter (vgl. schon § 140). Diese
letztere Bedeutung ist sicher sekundår, unter Einfluss von tarfur, ent-
wickelt; noch 1705 bezeugt eine Wortersammlung aus S16a in V-Skaft.
die Bed. »junger Stier« auch fur dieses Gebiet25; vgl. auch tappi in der
allgemeineren Bed. »kleine Person« bei Blondal.
Das Wort ist gewiss identisch mit norw. tapp, isl. tappi »Zapfen«26,
das hier sekundår auf ein kleines Lebewesen iibertragen ist; vgl. auch
schwed. dial. (Smål.) tapp »kleiner Knabe«27, reichssprachl. molntapp
»Wolkchen« uå. Obwohl tapp{i) »Zapfen« awestn. nicht belegt ist (nur
tappr »das Zapfen«), geht die Obertragung wahrscheinlich auf die Zeit
vor der isl. Landnahme zuriick28. Die teilweise im Isl. gebråuchliche
starke Form gegenuber schw. tappi »Zapfen« kann zwar nicht als Beweis
fur einen alten Zusammenhang zwischen dem Isl. und Norw. gelten,
da sie unter dem Einfluss von tarfur sekundår aus tappi, das in der Bed.
»Zuchtstier« noch um 1700 aus Meballand in V-Skaft. belegt ist29,
entwickelt sein kann. Aber die Spezialisierung auf den jungen Stier, die
23. Vgl. die (Jbcrselzung bei Ross: »liden tætvoksen Okse«, ebenso die Angabe aus
S-Tr. 20 in NO: 'tapp, eit lite (ungt), tjukt, feitt dyr, ukse helst... såleis: oksetapp’,
ferner S-Tr. 12: »liten okse som er vannrøkta«.
24. Hans Seland (geb. in Flekkefjord in V-Agd.), Bygdefolk (1907), S. 34: ’ein
liten tapp — yver dei seksti (von einem Mann)’, S. 41: ’ein liten tapp av ein ver’;
Jens Tvedt (geb. in Kvinnherad = Hord. 7), Hamna-tjonet (1889), S. 35: ’den-
ne tappen av ein kar vart ein rise’.
25. S. Bibliotheca Amamagnæana 20 (København 1960), S. 277.
26. Vgl. Johannesson, Et.Wb. 465.
27. Rietz 724 b.
28. tapp(i) »Zapfen« kann also nicht, wie De Vries 582 annehmen mochte, aus mnd.
tappe entlehnt sein.
29. S. Bibliotheca Amamagnæana 20, S. 280.