Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 366
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RIND
Sache, so dass neue Bezeichnungen durch Obertragung und Vergleich
immer wieder geschaffen werden konnten. Immerhin mochte man dem
Typus ruga (ruva) wegen seiner grossen heutigen und sicher erschliess-
baren ålteren Verbreitung ein recht betråchtliches Alter zuerkennen (vgl.
§ 181).
Ist die Sachlage hier also in gewisser Hinsicht ungiinstig, so bietet
sie doch anderseits fur unsere Zwecke Interessantes genug:
a) Wir haben hier ein Beispiel dafur, wie der alte Zusammenhang
zwischen dem Norw. und den Tochtersprachen gerade im håuslichen,
’inoffiziellen’ Bereich leicht zerrissen werden konnte.
b) Die fast ausschliessliche Zugehorigkeit zum miindlichen Bereich
hat zu einem von schrift- und umgangssprachlichen Einfliissen im wesent-
lichen ungestorten Kartenbild gefuhrt, auf dem einzelne Sprachråume
wie der siidnorwegische (Agder), der ost- oder siidostnorwegische und
der trondische besonders klar hervortreten.
179. Dasjenige Wort, das am ehesten eine alte norw.-isl. Beziehung im
Rahmen der hier in Frage stehenden Sache zeigt, ist norw.-isl. ræpa f.
Obwohl es in seiner Bedeutung keineswegs auf den Kuhfladen beschrånkt
ist, bezeichnet es doch von Hause aus Exkremente, da es zu norw., isl.
ræpa »diinne Exkremente ausstossen«, dån. ræbe »riilpsen«, norw.,
schwed. rapa (isl.-får. ropa) »dass.«, isl. repta (<* rapat jan) »dass.« usw.
gehort; mit diesen zusammen geht es auf eine lautmalende Wurzel
zuriick1. Gemåss der Ausgangsbedeutung »Ausgestossenes« bezieht sich
das Wort im Norw. und Isl. speziell auf das frische, weiche Exkrement
des Rindes2.
Im Isl. wird es in dieser Bedeutung allerdings nur vereinzelt gebraucht
{kuaræpa Isl. 66,70); daneben kommt es lt. Blondal in den Bedeutungen
»Diarrhoe« (als Nornen actionis; auch in der Zss. munnræpa »Schwåt-
zerei, Geschwåtz«), »Exkrement von Vogeln«, auch iibertragen »schma-
les, abgemåhtes Stiick« und »Nebel(fetzen) auf den Bergen« vor.
Im Norw. erscheint es (zT. in den Zssen. ku-, kyr-, mykje-ræpa) in der
vorliegenden Bedeutung vor allem in Hall., Tel. und in Jæren -
Dalane, vereinzelt auch in Toten, Set., Hord. und Nfj. Schon Aasen
kennt es nur aus Hall. und Tel. Flir Jæren und N-Hord., zT. auch
1. Vgl. Torp 560; Johannesson, Et.Wb. 698, auch Hellquist 816.
2. So lt. Tel. 10,16 (’ræpe um linn ruga, blaut lortestripa eller linne lorteskvettar’);
V-Agd. 20; Isl. 66.