Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 380
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RIND
sons Lexicon Islandicum (1683) i.S.v. »briillen, schreien (von Lowen,
Schweinen, Menschen)«. Im Får. wie auch im Dån. fehit dagegen jede
Spur.
Aus anord. Zeit ist das Wort nur aus dem Norw. und Schwed. be-
zeugt und hat hier anscheinend noch durchwegs die allgemeinere Bed.
«briillen«7, doch muss es schon damals håufig speziell von den Lauten
des Rindes gebraucht worden sein. Darauf deutet — abgesehen von
der Bed. »muhen« in engl. Dialekten, die auch parallel entwickelt
sein kann — die grosse Verbreitung dieser Spezialisierung im Norw.
und Schwed.: wåhrend rauta, rota hier aus der neueren Sprache nur
vereinzelt in anderer Bedeutung bezeugt ist8, herrscht es als Bezeichnung
der ’Normallaute’ des Rindes in einem vom westl. Norwegen bis
Siid- und Nordschweden, Finnland und Estland reichenden
Gebiet, das fruher sicher auch Zentralschweden und damit praktisch
die ganze skandinavische Halbinsel umfasste. Im osti. Zentralschwe-
den und teilweise auch in angrenzenden Gebieten wie Dalarna und
Gåstr. muss es rel. spåt von dem erst seit Ende des 16. Jh.s9 bezeugten,
heute aber auch reichssprachlichen råma verdrångt worden sein10.
189. Wie schon § 188 angedeutet, wird in Teilen Westnorwegens
(bes. in den kiistennahen Gegenden von Hord. bis und mit Yoss) und
des Trøndelag (bes. in den Kiistengebieten und am innern Teil des
Trondheimsfjords), vor allem aber in fast ganz Nordnorwegen das
Vb. gaula (on-Vb.) von den Lauten des Rindes im allgemeinen (ohne
besondere Nuance) gebraucht. Ausserhalb dieser Gebiete erscheint es
in dieser Bedeutung im FB nur in einem vereinzelten Beleg im unteren
Gbd., der jedoch durch entsprechende Angaben in NO aus Hedm.
11,14 gestiitzt wird. Die grosse Liicke zwischen Hord. und Trøndelag
7. Vgl. Fritzner III 46 f. (zB. von den Lauten von Lowen, Stieren, Schafen);
Soderwall II 294, Suppl. 673.
8. Vendeli 780/1 belegt es in der Bed. »laut und in befehlendem Ton rufen« minde-
stens aus Nagu in Egentliga Finland.
9. Lt. Hellquist 865 erstmals in Elaus Petri Helsingius, Synonymorum libellus
1587 belegt.
10. ULMA enthålt mundartliche Belege fur råma »muhen« aus Uppl., Dalarna,
Gåstr., Hålsl. (Delsbo), Medp. (Hellbom, Medelpad S. 1176), Jåmtl. (Lit,
Revsund), in der Bed. »stark, anhaltend muhen« aus Ångml. Arnås. Ausserdem
nennt Danell, Nucko 336 råmkvarn »ko, som råmar mycket« (ob råm, råmas n.
»råmande« bei Vendeli 768 b sich auf die Laute des Rindes bezieht, ist dagegen
unsicher).