Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 409
WIDDER
379
wicklung zulassen, bestehen und da dieses ’heiti’ auch aus einer andern
Gegend des Nordens (etwa dem Trøn delag?) in die isl. £>ula gelangt
sein kann46.
Einer der etwas jiingeren Typen, welche ålteres vedr usw. auf Teilge-
bieten des Nordens ablosten, ist das zu einem lautmalenden Verb
gebildete bekre/bekri, das nicht nur in Teilen Norwegens und auf
Island vorkommt, sondern auch im nordlichen Nordschweden von
Hårjed. (und vereinzelt Nord-Vårml.) uber Jåmtl., Ångml. (lt.
Rietz 73a auch Medp.) und Våsterb. bis Lappl. und Norrb. ver-
breitet ist und das Zetterholm, dem wir hier in der Beurteilung der
Chronologie folgen, mit Recht als nordskand. bezeichnet47. Beide
Worter mussen aber zunåchst, wenigstens in Norwegen, auf weiten
Strecken nebeneinander gelebt haben, denn nur so erklårt sich ihr
eigentiimliches geographisches Verhåltnis: verschiedene Gebiete mit
ausschliesslichem bekre, bekar, getrennt durch durchaus bodenståndige
Formen des Typus veder (veir(a), vérd, vedde uå.), die nicht erst in neuer
Zeit wieder eingefiihrt sein konnen. Damit aber mussen wir auf eine
genauere Bestimmung der dialektalen Provenienz von isl. ved(u)r und
bekri im Mutterland verzichten: da sich bekre (fur eine etwas zuriick-
liegende Zeit) auch in Westnorwegen nachweisen låsst, ist die Bezie-
hung des Isl. zu ostlichen norw. Mundarten hier deutlich sekundår.
Norw. veder und bekre konnten deshalb wåhrend långerer Zeit
nebeneinander bestehen, weil bekre wohl urspriinglich — wie heute
noch zT. isl. bekriM — einen mehr kosenden oder euphemistischen
Klang hatte. Ausserdem ist auch mit der Moglichkeit eigentlicher
Noaworter zu rechnen49: so vielleicht bei hrutur, eigentlich »der Ge-
hornte«, da im norw. Mutterland kaum Platz fur eine råumliche Aus-
scheidung dieses Wortes gegeniiber vedr und bekri vorhanden gewesen
sein kann. Auch bei dorri mochte man den kosenden Gebrauch gerne als
urspriinglich betrachten, doch låsst sich dies durch die § 202 angefiihrte,
freilich nicht unzweifelhafte Herleitung nicht stiitzen. Denkbar wåre
dagegen, dass dieses Wort urspriinglich speziell den jungen Bock (beim
46. Es wåre iiberhaupt dringend erwiinscht, die ’heiti’ in den I>ulur der SnE. einmal
vom wortgeographischen Gesichtspunkt aus genauer zu untersuchen.
47. S. Zetterholm 1940, S. 59 f. und Karte 2.
48. Kosender Gebrauch scheint vereinzelt auch im Norw. vorzukommen: so lt.
S-Tr. 2 und vielleicht auch lt. Sogn o.F. 21a.
49. Vgl. hiezu Zetterholm 1940, S. 60 f.