Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 413
’AU’
383
dh. sie schon fur die Zeit des ’ålteren’ i-Umlauts (ca. 600-700) anzu-
setzen. Damit erscheint aber die Frage nach dem Yerhåltnis zu saud in
neuem Licht. Wir mussen uns fragen, ob wir auch so noch saud als
Bezeichnung des weiblichen Schafes als urspriinglicher betrachten
diirfen12 oder ob wir nicht ursprunglich iiberall, von Norwegen bis
Siidschweden, søyda anzusetzen haben, das dann in Slid-, West-
und Nordnorwegen sowie in Westschweden nachtråglich von
saud abgelost worden wåre. Die geographischen und historischen Ver-
håltnisse liegen so, dass wir wohl weder das eine noch das andere fur
das ganze heutige saud/søyda-Gebiet annehmen konnen.
Da norw. søyda, obschon nicht belegt, in anord. Zeit bereits existiert
haben muss, miisste man zeitlich vorausgehendes saud als Bezeichnung
des weiblichen Schafs schon sehr frixh ansetzen. Dies aber wiirde schlecht
zu dem passen, was wir sonst iiber die Geschichte dieses Wortes wissen.
Wie Zetterholm 1940, S. 73 f. iiberzeugend darlegt, hat sich das Wort,
das aus dem Got. (saups) in der Bed. »Opfer« (eigentlich »was gekocht
wird«) uberliefert ist, im Norden erst im Lauf der Zeit zunehmend
spezialisiert: zunåchst zu »Vieh im allgem.«, welche Bedeutung aus dem
Aschwed. (sodher) und Agutn. (soypr) uberliefert ist13, heute (zT. dann
auch aufs Rindvieh spezialisiert) in ostlichen schwed. Dialekten fortlebt
und wohl auch furs Westnord. angenommen werden darf. Noch im
Awestn. umfasst saudr teilweise auch die Ziegen; vgl. die Zssen. færsaudr
und geitsaudr, die u.a. in Grågås und Stjorn vorkommen14. Da sich
anderseits Spuren von fær als Gattungsname des Schafes bis ins Isl.,
Får., Shetl. und Orkn. verfolgen lassen (vgl. § 197 mit Anm. 12), darf wohl
angenommen werden, dass saudr in dieser Bedeutung fær erst gegen
Ende der urnord. Zeit auf westnord. Gebiet zu verdrången begann. Von
der Spezialisierung auf das weibliche Schaf findet sich im Isl. und Får.
keine sichere Spur15, und hier ist im Gegenteil spåter Spezialisierung auf
12. Vgl. auch dån.-siidschwed. får in der Doppelfunktion als Gattungsname und als
Bezeichnung des weiblichen Tieres (Zetterholm 1940, S. 65 und Karte 3;
Skautrup, Hardsysselm. I 121) sowie dt. Schaf in der weitverbieiteten speziellen
Anwendung auf das weibliche Tier.
13. Vgl. Soderwall II 603, Suppl. 865; Zetterholm 1940, S. 73.
14. Vgl. Fritzner III 190 bzw. I 527.575 (s. tw. schon § 197).
15. Einzig in einer Lausavisa Egill Skallagrimssons ist saudr vielleicht in diesem Sinne
verwendet (vgl. Jon Helgason, AphS 23, 1955/57: 94 f.), doch braucht dies
keineswegs auf bodenståndigem isl. Sprachgebrauch zu beruhen.