Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 415
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erst rel. spåt auf Kosten von saud ausgebreitet hat. Im iibrigen ist flir
die Streubelege von søyda auch mit Einfluss der Schrift- und Fach-
sprache zu rechnen: vor allem des Nyn.20, aber auch des Bm.21 Flir
Agder wird mir22 ausdrucklich beståtigt, dass das Wort dort nicht
volkstumlich sei, und dass søyda zB. in Rog. 20,22,23 rel. neu ist,
scheint aus dem Nebeneinander Simplex søyda / Zss. saudlamb an diesen
Orten hervorzugehen. Bedeutungsvoll ist vor allem auch, dass Chr.
Jensøn 1646, Leem und Christie das Wort nicht kennen und dass
in den westlichen Tochtersprachen jede sichere Spur davon fehit.23
So erscheint denn die Annahme am wahrscheinlichsten, dass sich
saud und søyda — abgesehen von kleineren Verschiebungen, die nach-
tråglich in der Verbreitung der beiden Formen eintraten — parallel
zueinander auf Kosten von ær ausgebreitet haben. Da die beiden Typen
aber nicht zur gleichen Zeit ausgebildet wurden, ist zunåchst (etwa flir die
Wikingerzeit) mit einem Gegensatz zwischen westl. ær und osti. søyda
zu rechnen, der dann im spåteren Mittelalter und in der Neuzeit durch
einen entsprechenden Gegensatz saudr / søyda bzw. saud / søyda abgelost
wurde.
Ein Blick auf die Karte der Gattungsnamen des Schafes (Karte 56)
zeigt, dass die Verbreitung von saud »weibliches Schaf« in wesentlichen
Ziigen iibereinstimmt mit den Gebieten, in denen smale, smålog und
fenad auf das Schaf spezialisiert sind; einzig im Trøndelag und in
Nordnorwegen ist diese Spezialisierung ziemlich selten. Schon bei
Leem finden wir nebeneinander ’Smalen »Faarene«’ und ’Sou »Et Faar,
som er Hun af Slaget«’. Da ihm saud als Gattungsname anscheinend
nicht gelåufig war, ist die Moglichkeit nicht auszuschliessen, dass es in
Westnorwegen eine Zeitlang recht allgemein diese Bedeutung auf-
gegeben hatte und dass die heute sehr zahlreichen Belege aus diesem
Gebiet vor allem neuerem Einfluss der Schrift- und Fachsprache zuzu-
20. Lt. NO wird søye zB. von J. O. Aashamar, Jordbruksdrifti (1911), Jon Sæl and,
Ny sauebok (1911) und Gula Tidend sowie in Seippels Bibelubersetzung (1930)
gebraucht.
21. NROB II 2498 bezeichnet zwar søye als ’mest dial.’, aber es findet sich jedenfalls
fachsprachlich bei Høie-Tilrem und literarisch bei H. E. Kinck (1865-1926).
22. Durch Frau I. Frøyset, Oslo.
23. Shetl. søda »alte, etwas korpulente Frau von schleppender Gangart; schlotterige
weibliche Person« gehort sicher zu norw. søyda »schlaffe, faule Person«, obwohl
Jakobsen, Shetl. 930 alternativ auch Herkunft aus søyda »weibliches Schaf«
erwågt.