Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 450
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ZIEGE
Einfluss der Schrift- und Fachsprache zuschreiben, da das Wort teil-
weise in der bodenståndigen Form kjedd {s. § 222) auftritt33. Aus Sogn
ist kidling zwar schon durch Aasen bezeugt, aber auch Larsen, Sog-
nem. SS. 144 f., 290 f. fiihrt es nur aus dem inneren und mittleren Sogn
bis und mit Vik an. Chr. Jensøn 1646, Leem und Christie nennen
das Wort nicht, und an mehreren Orten Westnorwegens ist es deut-
lich junger als kid, da in Zusammensetzungen nur das letztere vorkommt
{bukke-, geitekje uå.)34. Ebenso wird killing in Oppl. 24 ausdriicklich
als jungeres Wort bezeichnet.
So konnen wir also annehmen, dass kidling ursprunglich auf Ostnor-
wegen, den Trøndelag (und wohl auch Nordnorwegen) beschrånkt
war und erst in rel. spater Zeit uber den alten Verkehrsweg Valdres -
Sogn nach Westen vorgestossen ist. Daraus ergibt sich eine alte Bezie-
hung Island - Ostnorwegen und zugleich, da beide Formen nach
Island gelangt sind, ein neues Beispiel flir den Mischsprachecharakter
des Isl.
224. Alle weiteren im Norw. gebråuchlichen Bezeichnungen sind von
untergeordneter Bedeutung:
a) bukk-, geitunge m., das letztere sowohl fur beide Geschlechter (bes.
im PI.) als auch fur das weibliche Tier im besondern, kommen vor allem
in Tel. vor und scheinen sich gegen ålteres kid in einem Teil des Gebietes
bereits durchgesétzt zu haben. Dieses Uberhandnehmen eines jungen
Typus hat offenbar nicht sachliche Grunde, da die Ziegenhaltung gerade
im oberen Tel. noch recht verbreitet ist.
b) Vereinzelt werden Lock- und Koseworter in ’neutraler’ Bedeutung
verwendet: so buss Møre o.R. 6 (von beiden Geschlechtern; vgl. bus s
m. »kleiner Stummel, kurzes abgeschnittenes Stiick«), pille m. Sogn
o.F. 8, lt. OS 43 auch in Sogn o.F. Jostedal (ebenfalls von beiden
Geschlechtern; vgl. aber auch pillekid bzw. pellekje § 222, wozu die
Angabe in NO ein pille »ein geitekidling« Sogn o.F. 10 passt; zum
Lockruf pill-pill, pelle-pelle u.dgl.). Ross kennt ausserdem pute35 in
der Bed. »Zicklein« aus Hall. und Lista (vgl. den Beleg V-Agd. 18
in OS 43).
33. Nicht vollig auszuschliessen ist allerdings auch die Moglichkeit, dass kidling
in Helg. - Salta erst in neuerer Zeit aus dem angrenzenden Nordschweden
(Lappl.) oder durch Neusiedler aus Ostnorwegen eingefuhrt wurde.
34. So in Hord. 10; Sogn o.F. 13,17,24; Møre o.R. 12.
35. Vgl. Torp 505.