Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 461
ZUCHTEBER
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Heute ist im Isl. die umgelautete starke Form goltur in der vorliegenden
Bedeutung allein gebråuchlich; galti ist zwar noch aus dem ålteren Nisl.
gut bezeugt18 und Blondal fiihrt es auch fur die moderne Sprache in
den Bedeutungen »Eber« und (flir die Westfjorde) »grosserer Heuscho-
ber« an, doch ist die Form nach dem Ausweis des FB in der ersteren
Bedeutung heute ganz ausser Gebrauch. Aus dem Far. werden teils
gøltur (Får. 11,13), teils galtur (Får. 2,13,17,22) mitgeteilt, wåhrend
galti durch Svabo bezeugt ist (Fær.OB.). Im Norw. liegt moglicherweise
ein Rest der umgelauteten Form im Ortsnamen Golten in Westnor-
wegen vor19. Die umlautslose st. Form galt ist im wesentlichen auf
den Siidwesten (westlicher Teil von A-Agd. einschl. Set., V-Agd.,
Rog., siidl. S-Hord.) beschrånkt, wozu noch vereinzelte Belege vom
åusseren S-Møre, aus N-Tr. 12 (anscheinend im Anschluss an Schwe-
den); Nordi. 4 und Finnm. 3 kommen. Im ganzen ubrigen Norwegen
gilt die schw. Form galte (gælte, galt’). Im Schwed. und Dån. herrscht
dagegen (abgesehen von ganz vereinzelten Belegen in Westschweden20)
durchwegs die st. Form galt.
Das Wort hat Entsprechungen im Westgerm.: vgl. siiddt. Galz, Gelz
»verschnittener Eber«, ae. 3ealtbor3 »Schwein« sowie die Feminin-Ab-
leitungen ahd. galza »junge Sau« (= schweizdt. Galz f. »verschnittene
Sau«) und gelza = ae. sielte {<*galtidn oder *geltion) »junge Sau«.
Ob man als urspriingliche Bedeutung »kastriertes månnliches Schwein«
oder »månnliches Schwein im allgem.« annehmen will, hångt davon ab,
ob man der Zusammenstellung mit g(j)elda »kastrieren« oder einer
andern Etymologie (etwa *gheld-»schreien«, zu gala) den Vorzug geben
will21. Mit Recht bemerkt jedoch Zetterholm (S. 20 f.), dass die Bedeu-
tungsentwicklung im allgem. vom zuchtfåhigen zum kastrierten Tier gehe
und dass die von Fritzner angefiihrten Belege (trotz Fritzners Defini-
18. OH enthålt zahlreiche Belege vom 17. bis zum Anfang des 20. Jh.s: Nomenclator
I, um 1630; Guømundur Andrésson um 1650; Runolfur Jonsson, Gram-
maticæ Islandicæ Rudimenta (1651); Guøm undur Bergporsson, Rimur af
Olgeiri danska (1680); Gudmundur Jonsson, Safn af islenzkum ordskviåum
(18. Jh.); Sveinbjorn Egilsson, Odysseifskviåa (1829-40), Ilionskviåa (1855);
Olafur Davløsson, tslenzkar fulur og fjodkvæåi (1898-1903); Gisli Kon-
råøssons Selbstbiographie (1911-14).
19. Vgl. Widmark, U-omljudet S. 176.
20. S. Karte 1 bei Zetterholm 1953.
21. Vgl. zu der umstrittenen Etymologie Zetterholm 1953, S. 21, ferner De Vries
199; Johannesson, Et.Wb. 384 f.; Pokorny I 434; H. Kuhn, KZ 71 (1954):
136.