Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 473
SAU
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Ostlich an das norwegische schliesst sich ein nordwestschwedisches
Gebiet mit porka, purka »Sau« in Vårmi., Hårjed. und Jåmtl. an40.
Alles in allem ergibt sich somit eine west- oder nordwestskand. Ver-
breitung des Wortes in dieser Bedeutung. Daneben kommt es freilich
in anderen Bedeutungen noch in weiteren Gebieten vor, aber ob wir
diese als Zeugnisse einer einstigen weiteren Verbreitung von purka »Sau«
betrachten konnen, hångt weitgehend davon ab, welche Etymologie wir
dem Wort zugrunde legen wollen. Abgesehen von den bereits erwåhnten
Fallen im Isl. und Får. verzeichnen Ross und NO fur Tel. die Bed.
»murrische Weibsperson«, wåhrend Olav Duun purka offenbar i.S.v.
»rundliche weibliche Person« braucht41. Rietz 508b fuhrt aus schwed.
Mundarten die Bedeutungen »dickes, plumpes und unformiges Geschopf;
kleine und dicke Frau« (S mål., Halland, O-Go ti.) und »Kellerassel«
(Sud-Halland) an, und in V-Gotl. (Vartofta) ist lt. Angaben in ULMA
purka als Kosewort fur kleine Mådehen, purk m. / purka f. in der Bed.
»quengeliger Mann bzw. Frau« im Gebrauch.
Wenn man, wie dies vielfach iiblich ist42, purka »Sau« als Lehnwort
aus lat. porca betrachtet, so erscheint es als wahrscheinlich, dass es sich
mindestens bei einem Teil dieser Bedeutungen um Ubertragungen von
unserm Wort handelt. Obwohl unter den nord. Haustierbezeichnungen
auch sonst Entlehnungen aus dem Rom.-Lat. vorkommen (vgl. krøter,
beist), ist eine solche Annahme im vorliegenden Fail im Hinblick auf
die geographische Verbreitung aber doch recht unwahrscheinlich43, und
man wird sich deshalb44 eher Torps Zusammenstellung (S. 503) mit
dån., ndd. purk »kleiner Knabe, Knirps« und weiter mit norw. paure
»kleiner, schwacher Mensch, Knirps« (auch isl. pauri »Abschaum, Teu-
fel«) anschliessen. Purka »Sau« wåre in diesem Fail (lt. Torp) wohl
ursprungliches Kosewort. Torps Annahme, dån. purk sei aus dem Ndd.
entlehnt, ist indessen kaum notig. Torp scheint schwed. dial. purka
»dickes, plumpes Geschopf usw.« nicht beachtet zu haben, das wir in
40. Vgl. Rietz 508 b, auch Zetterholm 1953, S. 35.
41. Menneske og maktene (2. utgåva, Oslo 1956), S. 102: 'Oline, vesle purka'.
42. So noch bei De Vries 429.
43. Das ganz vereinzelte, wohl unsichere dån. purk »svin, gris« bei Schandrup 1728
(ODS XVII141) ergibt jedenfalls keine ausreichende Stiitze fUr die Herleitung aus
dem Lat.-Rom.
44. Mit Zetterholm 1953, S. 35; Johannesson, Et.Wb. 592; vgl. E. Lidén, KZ
56 (1929): 226. Hjalmar Ideforss, ANF 47 (1931): 35 betrachtet das Wort als
urspriinglich lautmalend (zu purr-, porr- als Nachahmung des Grunzens).