Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 474
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SCHWEIN
diesem Fali wohl als primår betrachten durfen. Auch die Bedeutungen
»junges weibliches Schaf« und »(kleines) Mådehen« lassen sich weit
besser aus einem allgemeinen Wort fur »kleines, (dickes) Geschopf«
als aus purka »Sau« ableiten. Die isl., norw. und schwed. Personen-
bezeichnungen mit dem Grundbegriff des Miirrischen, Quengeligen
gehoren mit dem Vb. isl. purka »sich zieren, genieren, sich um etwas
kummern«, dån. dial. purke »miirrisch sein«, schwed. dial. porka »dass.«,
auch »langsam arbeiten«, und dem Adj. schwed. purken »miirrisch«,
dån. dial. purken »empfindlich, reizbar« zu der gleichen Sippe45.
Awestn. ist purka nur als Beiname belegt (Porsteinn p. in den Annalen
der Flateyjarbok)46. Dieser kann nach dem eben Ausgefuhrten auch
von einer allgemeineren Bedeutung ausgegangen sein, doch spricht die
Parallele von syr als Beiname (vgl. § 235) doch deutlich fur purka i.S.v.
»Sau«. Auch das Vorkommen der Bed. »Sau« im ålteren Isl. und Får.
verlangt wohl, sie schon frir die Zeit vor der Abwanderung nach den
westlichen Inseln anzusetzen, obwohl spåtere Strahlung vom Norw. ins
Isl. nicht vollig ausgeschlossen ist. Aber wegen der Synonyme su, sugga
und gylta kann das Wort in der Bed. »Sau« damals noch keine grosse
Verbreitung (am ehesten eine ostnorw.-westschwed.) gehabt haben. Eine
geradlinige Entwicklung im Sinne einer zunehmenden Verdrångung von
sugga (gylta, su) durch purka durfen wir freilich nicht unbedenklich
annehmen. Wie schon § 237 angedeutet wurde, ist mit einem långeren
Nebeneinander vor allem von purka als Appellativ und sugga als Kose-
wort in grossen Teilen Norwegens zu rechnen, ja es scheint, als ob
purka schon fruher einmal recht allgemein verbreitet gewesen wåre und
sich nur voriibergehend vor sugga etwas zuriickgezogen håtte. Nicht
nur bezeichnet Wilse 1780 purke als im Norw. allgemein verbreitet,
sondern es gibt auch Anzeichen dafur, dass purka im siidnorw. sugga-
Gebiet in ålterer Zeit wenigstens teilweise wirklich vorhanden war: es
wird von Aas, Gjerstad (S. 34) erwåhnt und ist uns aus Ro g. und Set.
in Sprichwortern uberliefert47. Dem stehen aber doch die in § 237 erwåhn-
ten Tatsachen gegenuber, die deutlich zeigen, dass purka sich heute als
aktiver Typus auf Kosten von sugga ausbreitet. Gerade das Nebeneinan-
der von Kosewort und Appellativ kann hier im Laufe von Jahrhunderten
45. Vgl. De Vries 429.
46. S. Fritzner II 963.
47. Rog. lt. NFL 35: 34; A-Agd. 19 lt. NO. Anderseits bezeichnet I. Frøyset,
Oslo (in miindl. Mitteilung) purke fur Agder als ’schriftsprachlich’.