Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 480
450
ZUSAMMENFASSUNG
genau uberein), wåhrend anderseits so wichtige Sprachråume wie der
ostnorwegisch-trondisch(-nordnorwegische), der siidnorwegische (dieser
hochstens in dem jungen Gebilde des Bistums Agder) oder der nord-
westnorwegische uberhaupt keine politisch-administrative oder kirch-
liche Parallelen aufzuweisen haben. Dies låsst vermuten, dass die Uber-
einstimmungen in manchen Fallen sekundår sind, dh. auf gemeinsamen
natiirlichen, verkehrsgeographischen und wirtschaftlichen Voraussetzun-
gen beruhen14. Abgesehen davon, dass auch die mehrmalige Yerlegung
des politischen Zentrums Norwegens im Mittelalter (um 1200 von
Bergen nach Nidaros, im 13. Jh. wieder nach Bergen und um 1300 nach
Oslo15) das ihrige zu verschiedenartiger Sprachraumbildung beigetragen
hat (vgl. bes. § 261), wird man deshalb auch fur Norwegen — und hier
noch mehr als anderswo — mit dem Verkehr im allgemeinsten Sinne
als wichtigstem sprachraumbildendem Faktor rechnen mussen. Auch die
landschaftlichen Unterschiede innerhalb des Isl. lassen sich — abgesehen
von der sprachlichen Strahlkraft des politischen Zentrums im Siid-
westen16 und einer gewissen Moglichkeit der Sprachraumbildung durch
die alten kirchlichen Zentren Skålholt und Holar (vgl. § 274) — kaum
anders als durch natiirliche und wirtschaftliche (durch die Lage der
Handelsplåtze bestimmte17), somit verkehrsgeographische Gegeben-
heiten erklåren.
In der folgenden Zusammenstellung soli versucht werden, die Bedeu-
tung der einzelnen Sprachråume und Grenzbundel sowie der Beziehungen
zwischen den Tochtersprachen und den verschiedenen Mundartgebieten
des Mutterlandes soweit wie moglich durch die genaue Anzahl der daran
beteiligten Worttypen und zT. auch Begriffe zu belegen, da solche rein
zahlenmåssige Statistiken bei aller Problematik, die ihnen immer an-
haftet, doch dazu angetan sind, die wichtigsten Ergebnisse schårfer ins
Licht zu riicken. Fur ihr Verståndnis ist es deshalb wichtig, die Gesamt-
zahl der in den vorangehenden Einzelstudien behandelten Worter (bzw.
Wortbedeutungen) und Begriffe zu kennen: ca. 430 norw., ca. 210 isl.
14. Lt. Sverre Steen, Nordisk kultur 16 (1933), S. 221 fielen die Einzugsgebiete der
alten legping im wesentlichen mit verkehrsgeographischen Einheiten zusammen.
15. Vgl. Seip, Språkhist. S. 101 ff.
16. Vgl. hiezu Chapman S. 145 f.
17. Die Bedeutung der verschiedenen Bezirke des danischen Handelsmonopols fur eine
siidostislåndische Mundartgrenze weist Stefan Einarsson, JEGPh 31 (1932):
537-572 nach; vgl. dazu auch K.-H. Dahlstedt, Scripta Islandica 9 (1958):
S. 10, Hreinn Benediktsson, IT 3 (1961/62): 88 f.