Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 519
DIE HAUPTGLIEDERUNG DES NORW.
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Die grundlegende Bedeutung der vier Grossråume geht daraus hervor,
dass sie aufs engste mit der Grundstruktur der norwegischen Sprach-
landschaft zusammenhången, als die wir zwei Arten von Gegensåtzen,
die uns auch aus Laut- und Formenlehre bekannt sind: einen West I Ost-
und einen Nord / Siid - Gegensatz, erkennen konnen. Ebenso wie im
Lautlichen und Morphologischen iiberwiegen auch im Wortschatz die
West/Ost-Gegensåtze, wåhrend sich altersmåssig allerdings kaum ein
Unterschied zwischen den beiden Gegensatzpaaren feststellen låsst5.
Beide vereinigen Altes, mindestens teilweise schon Wikingerzeitliches,
und Jungeres in sich, wobei sich naturlich das Alter des heutigen Grenz-
verlaufs nicht genauer bestimmen låsst:
a) West/Ost-Gegensåtze:
alt: land/mig(a); knyvel/knuvel; faks/mån; dov/lend; gaula/rauta; saudj
søyda (< *ærlsøyda); bræktalbræk(j)a; kid/kidling; auch gjeldast/sina
(vgl. u.),
wohl wenigstens mittelalterlich: Verbalausdruck / Adj. fur »die Kuh,
Au/Ziege, Sau ist brunstig«; ru/veft,
spåtmittelalterlich bis neuzeitlich: beist/krøter; springa/rida; øyk/
gamp; gjeld, turr/stå {borte); spenelpatte, pappe, tatte; kuruga/-ruka,
jung: kalv(e)tung/tidd,kjelvd; gradhest/hingst; rua/klippa,
b) Nord/Siid-Gegensåtze:
alt: fagerhuva/huva; yrta, urta/’jorta; (grad)galte/rone; wenigstens
ursprunglich auch marlake/lake; lo/slo, vielleicht auch åløy{en)/ålen,
wenigstens mittelalterlich: lamba/Iemba; ukse/stut, auch (?) greida
s<?g/Ableitungen von heil,
noch junger: purka/sugga.
Dieser Befund: der West/Ost-Gegensatz als Dominante in der Struktur
der norwegischen Sprachlandschaft, spricht deutlich dafur, dass die
bisher meist ubliche Hauptgliederung in West- und Ostnorw.6, die ge-
wohnlich nur auf Grund weniger lautlicher Kriterien (wie Gleich-
gewichtsgesetz und ’dickes’ l) vorgenommen wurde und deshalb metho-
disch fragwiirdig war, im wesentlichen doch richtig ist. Er zeigt erneut
5. tlber die historische Entwicklung der West/Ost- und Nord/Siid-Gegensåtze in
Lauten und Formen vgl. Indrebø, Målsoga S. 131 ff.
6. So bei Larsen, Oversigt S. 23; Ross NB. I 14 ff. und Karte II; Kolsrud, Ny-
norsken S. 64; Christiansen, No.Dial. 99; dagegen H. Christiansen, MM
1954: 30-41 (vgl. schon § 253).