Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Qupperneq 520
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ZUSAMMENFASSUNG
die eminente Bedeutung der West/Ost-Scheide fur das mundartliche
Sprachleben Norwegens und beståtigt damit die Ergebnisse, die auf
verschiedenen Gebieten: ausser der Mundartforschung auch in Namen-
kunde7, Sachforschung8 und Kulturgeschichte, herausgearbeitet worden
sind und die alle zeigen, dass wir es hier mit einer letztlich in Verschieden-
heiten der Lebenshaltung und sozialen Struktur begrundeten Kultur-
raumgrenze ersten Ranges zu tun haben.
Neben den Fallen, wo wir einfache Gegensåtze, also nur je zwei
Wortråume, vorfinden, sehen wir in unserm Material auf einigen Karten
(Nr. 14,21,49,50,55) eine Dreiteilung in Nord-, West- und Ostnor-
wegen, die im wesentlichen Aasens9 alter Gliederung in ’den norden-
fjeldske, vestenfjeldske’ und ’søndenfjeldske Række’ entspricht. Diese
Falle sind jedoch deutlich sekundår und im allgem. recht jung (erst spåt-
mittelalterlich oder neuzeitlich). Sie konnten dadurch eintreten, dass
ein urspriinglich in ganz Norwegen verbreitetes Wort von Norden
und Westen durch verschiedene Synonyme gegen Sudosten zuriickge-
drångt wurde (drynja durch syta und tryta) oder dass eine urspriingliche
Zweiteilung in Nord/Sud durch verschiedene Entwicklungen im Westen
und Osten (bøllræden>bøllfljugalod; fagerhuva/huva>fagerhuva/huva/
luva, auch (?) turrlgjeld>turrlgjeldlstå borte), eine urspriingliche Zwei-
teilung in West/Ost durch verschiedene Entwicklung im Norden und
Silden (gjeldast usw./sina>sinalgjeldast/lata av) zur Dreiteilung wurde,
wobei die letzten beiden Entwicklungen zum gleichen råumlichen Bild
fiihren konnten, weil sich West/Ost- und Nord/Sud-Gegensåtze in
Nordwestnorwegen eng beriihren konnen.
7. Vgl. etwa die Unterschiede in der Seenamenbildung bei G. Indrebø, Norske
innsjønamn (VSS 1923, II. Hist.-filos. kl. nr. 7), S. 267 f., oder den Gegensatz
zwischen ostl. -sæter und westl. -stol in Alpnamen bei O. Bei to, Norske sæternamn
(Instituttet for sammenl. kulturforskning B 45), Oslo 1949, S. 299 und Karten 2,4.
8. Unterschiede bestehen beispielsweise in der Bauweise: in der Hofanlage (un-
regelmåssige Haufen im Westen / Viereck im Osten; s. H. Vreim, MM 1933:
Karte S. 13; S. Erixon, aaO. Fig. 11), in der Art der Feuerstelle (Rauchofen im
Westen / offener Herd im Osten; s. Vreim, aaO. Karte S. 19), in der Dachkon-
struktion (Sparrendach / Dach mit Langsbalken; ebd. Karte S. 22) sowie zwischen
westl. Stånderbau und ostl. Blockbau (s. R. Kloster, Vestnorsk bygdekunst,
Bergens museums årbok 1937, Hist.-antikv. rekke nr. 3, S. 13 ff.).
9. S. Aasen, Gr. S. 214 ff. Eine Dreiteilung im Lautlichen finden wir bei der Ent-
wicklung von postvok. si und ti: // uå. im Norden, ti im Westen, si,si im Osten;
vgl. E. Haugen, Analysis of a sound group: si and ti in Norwegian (PMLA 57,
57, 1942: 879-907).