Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Page 551
VERHÅLTNIS ISL., FÅR./NORW. DIALEKTE
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dh. mit einem gemeinsamen Typus, den Mundarten des Mutterlandes
gegeniiber. Von den Begriffen, bei denen keine oder nur eine schwache
Beziehung zu Norwegen besteht, zeigen nur fiinf eine isl.-får. Ge-
meinschaft (Netzmagen: keppur, Weiche: huppur, Ochse: uxi/oksi,
weibliches Schaf: ær, junges Schaf, beide Geschlechter: gemlingur),
und in der langen Reihe der speziell isl. und får. Typen in § 264 konnte
nur auf wenig Gemeinsames hingewiesen werden. Dass sich darunter
verhåltnismåssig zahlreiche Relikte befanden, ist verståndlich (vgl. ausser
gemlingur, huppur, ær vor allem noch (h)ross und (h)ryssa). Auffålliger
ist die rel. grosse Zahl gemeinsamer Novationen: von diesen ist
tarfur I tarvur keltisches Lehnwort und belegt somit zusammen mit dem
ebenfalls aus dem Mutterlande nicht bezeugten isl. kapall (und får.
pesjal) den nicht ganz unbetråchtlichen Einfluss des Ir.-Gael. auf die
landwirtschaftliche Terminologie der norw. Tochtersprachen22; in
einigen andern Fålien wie uxi/oksi oder attributiver Ausdruck flir
»Wallach« kann Parallelentwicklung vorliegen23, doch bleibt ein Rest
von heimischen Neuerungen (mit keppur als wichtigstem Beispiel), die
man kaum anders als durch Ausbreitung infolge spåter noch andauernden
Verkehrs erklåren kann.
Viel stårker treten indessen die Gegensåtze zwischen Isl. und Får. in
Erscheinung. Ganz allgemein kann zunåchst festgestellt werden, dass
das Isl. bei einer grosseren Anzahl von Begriffen und Wortern als das
Får. den Zusammenhang mit dem Norw. bewahrt, dass es aber gleich-
zeitig viel mehr (interne) Neuerungen durchgefiihrt hat, wodurch der
so frappante Unterschied im Umfang des Wortbestandes, der sich
zwischen den beiden Sprachen feststellen låsst, entstanden ist. Dazu
kommt, dass das Isl. und Får. teils verschiedene alte Typen bewahrt
(broddur/ oskamjolk, gylta/sugv), teils — und vor allem — in verschiedener
Weise geneuert haben. Auch ist das Isl. nicht in allen Fålien konserva-
tiver: zB. scheint das Får. in fola gegeniiber kasta einen ålteren Typus
bewahrt zu haben. Aber es låsst sich doch an einigen Beispielen aus
unserm Material ersehen, wie jiingere Worter bzw. Wortbedeutungen teils
aus dem Norw., teils wohl bereits aus dem Dån. noch nach den Fåroern
22. Vgl. hiezu vor allem A. Bugge, Vesterlandenes Indflydelse paa Nordboernes og
særlig Nordmændenes ydre Kultur, Levesæt og Samfundets Forhold i Vikingetiden
(VSS 1904, II. Nr. 1), SS. 254 ff. 353 ff.
23. Bei uxi/oksi wohl vor allem infolge des neu aufgenommenen tarfur/tarvur (vgl.
§ 142).