Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Side 555
VERHÅLTNIS ISL., FÅR./NORW. DIALEKTE
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Nidaros oder Oslo aus nicht vollig von der Hånd zu weisen ist27 (ohne
dass jedoch irgendwelche besondere Grunde flir eine solche Annahme
vorliegen), konnen wir doch feststellen, dass unser sprachliches Ergebnis
durchaus zu dem passt, was uns die historischen Quellen iiber die Her-
kunlt der islåndischen Siedler berichten, so dass wir zweifellos berechtigt
sind, in den Wortbeziehungen des Isl. zu verschiedenen Teilen Nor-
wegens eine Nachwirkung der Besiedelungsvorgånge des ausgehenden
9. und beginnenden 10. Jh.s zu sehen.
Nach den Berechnungen, die Gubmundur Hannesson auf Grund
der Angaben der Landnåmabok angestellt hat28, stammten von 1002
Siedlern 846 aus Norwegen, wovon 51 aus Nordnorwegen (Håloga-
land), 70 aus dem trondischen Gebiet (Tr., N-Møre, Romsdal),
290 aus dem westlichen Norwegen von S-Møre bis Agder (170 aus
Hord. und Sogn) und 50 aus Ostnorwegen, wåhrend 385 sich nicht
genauer lokalisieren lassen. Obschon diese Zahlen natiirlich nicht zu
genau genommen werden durfen, zeigen sie wohl doch die Wesensziige
der islåndischen Landnahme richtig: Herkunft der Siedler aus allen
Teilen Norwegens (und vereinzelt auch aus Schweden) mit deutlichem
Oberwiegen des westnorwegischen Elements. Flir uns ist vor allem der
Nachweis von Bedeutung, dass Ostnorwegen und Trøndelag zu-
sammen eine recht betråchtliche Siedlergruppe gestellt haben. Diese
kann sehr wohl noch stårker gewesen sein als aus den Angaben der
Landnama hervorgeht; denn auch die archåologische Forschung hat in
neuerer Zeit auf Beziehungen zwischen Island und dem ostlichen
Skandinavien (Ostnorwegen, Schweden) hingewiesen, die letztlich
ihre Wurzeln in dei Landnahme haben mussen29. Unser sprachlicher
Befund steht demnach durchaus im Einklang mit den historisch-archåolo-
gischen Tatsachen, und es ist deshalb auch zu erwarten, dass vermehrte
27. D. A. Seip, MM 1943: 99 spricht von starken Einflussen SUdostnorwegens
auf die isl. (Schrift-?)sprache von ca. 1300 an, ohne jedoch Beispiele zu nennen.
Uber Handels- und Kulturverbindungen zwischen Island und Bohuslån im
13./14. Jh. vgl. K. Liestøl, MM 1914: 181-199; M. Olsen, ebd. 200-203 und
1916: 40-46; A. Bugge, ebd. 32-39.
28. Korpermasse und Korperproportionen der Islander (Reykjavik 1925), S. 6-17;
s. dariiber ausfiihrlicher Chapman S. 29 ff.
29. Vgl. Holmsen S. 159 u.; G. Turville-Petre, The heroic Age of Scandinavia
(London 1951), S. 100; Kristjån Eldjårn, Kumi og haugfé ur heidnum sid å
Islandi (Reykjavik 1956), S. 435 ff.