Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1967, Síða 559
VERHÅLTNIS ISL., FÅR./NORW. DIALEKTE
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und PI. -ir bei neutr. rø-Ståmmen41. Man darf aber nicht vergessen,
dass eine Reihe von Neuerungen, die im Får. dauernd Eingang gefunden
haben (wie zB. Nom. tarm bzw. pann Dem.Pron.; schw.Pråt. doyd i bzw.
deydi; Prås.Sg. man fiir mun\ Vergleichspartikel und Rel.Pron.^wmfiirsem
usw.) vorubergehend auch im Isl. auftreten42. Man hat diese Formen im
Isl. bisher gewohnlich als biosse ’Norwagismen’, dh. norw. Formen,
die im wesentlichen auf die Schriftsprache beschrånkt blieben oder gar
nur aus einer norwegischen Vorlage ubernommen wurden, betrachtet43.
In einem grosseren sprachgeographischen Zusammenhang gesehen,
erscheinen sie aber wenigstens teilweise viel eher als Auslåufer von
Sprachbewegungen, denen Obertragung durch mundlichen Verkehr
zugrunde lag, die aber von den systemerhaltenden, konservativen Kraften
im Isl. zT. wieder zuriickgeworfen wurden.
b) Ebenso finden wir syntaktische Novationen im Isl. und Får.,
die deutlich auf Obertragung von Norwegen beruhen. Lt. Nygaard44
treten så als freistehender bestimmter Artikel und sem als Rel.Pron.
im Norw. friiher auf als im Isl., wåhrend der (Ende der Wikingerzeit
aufkommende) suffigierte Artikel im Anorw. wenigstens håufiger ist
als im Aisl. und damit ebenfalls die Richtung seines Vordringens anzeigt.
Gosta Holm45 hat gezeigt, wie sich in nachanord. Zeit im westlichen
Norwegen, auf Island und den Fåroern Inchoativkonstruktionen
mit fara teils gegen, teils neben den ålteren mit taka durchgesetzt haben,
und wenn er auch selbst zwischen der Annahme von Parallelentwicklung
und Ausstrahlung von einem Gebiet aus zu schwanken scheint, so durfen
wir uns angesichts der ganzen sprachgeographischen Situation doch
ohne Zogern fiir die zweite Moglichkeit entscheiden. Auch die Passiv-
konstruktion mit verda, die im Isl. (abgesehen von fremden Einflussen
in der Schriftsprache) gewohnlich auf den futurischen Sinn beschrånkt
geblieben ist46, ist im Får. gewiss ebenfalls unter norw. Einfluss all-
41. S. Hægstad, VNM 11,2,2: 134 ff.
42. Zu isl. jjann und deydi vgl. Bandle, Gudbrandsbiblla SS. 351 bzw. 405, zu sum
H. Kuhn, AphS 22: 79; Hægstad, VNM 11,2,3: 126 f.
43. Vgl. auch noch alter isl. Nom.Sg. mann (Bandie, Gudbrandsbiblia S. 257) und
l.Sg.Ind.Pras. auf -r (14.-16. Jh.; vgl. ebd. S. 379).
44. M. Nygaard, Norrøn syntax (Kristiania 1905), S. 4, Fn. 1.
45. Syntaxgeografiska studier over två nordiska verb (Skrifter utg. av Institutionen
f. nord. språk vid Uppsala universitet 4, Uppsala 1958), bes. S. 140 ff.
46. Vgl. Bandle, Gudbrandsbiblla S. 393 mit weiteren Hinweisen, auch M. Nygaard,
aaO. S. 175 f.