Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Page 175
DIE ESTLANDSSCHWEDEN
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Der estlándische Historiker Dr. Paul Johansen hat auf Grund
seiner Forschungen iiber den bekannten Liber census Daniae von
1219—20 nachweisen können, dass der grösste Teil der nördlichen
Kiiste Estlands zu jener Zeit noch keine fest ansássige Bevölke-
rung hatte. Offenbar hat es damals nur primitive Wohnstátten
gegeben, sog. Fischerbuden, welche die schwedische Bevölkerung
aus Upland bei ihren regelmássig wiederkehrenden Fisch- und
Jagdziigen verwendeten. Die Fischerei wurde auch von der wohl
hauptsáchlich estnischen Bevölkerung betrieben, welche in Dörfern
ansássig war, die wie in Finnland oft weit vom Strande entfernt
lagen.
Die schwedische Siedlung hat wahrscheinlich von Anfang an
eine Ausnahmestellung eingenommen. Hierfiir spricht, dass in dem
1294 erlassenen, von Bischof Jacob von ösel bestátigten Stadt-
recht der jungen Stadt Hapsal der schwedischen Bevölkerung
das Recht zugesichert wurde, ihre Verwandten unter den Biir-
gern von Hapsal zu beerben, wáhrend der Nachlass kinderloser
estnischer Biirger dem Rate zufiel. Man kann hieraus schliessen,
dass die Schweden damals frei waren im Gegensatz zu den Esten,
denen infolge ihrer unfreien Stellung entsprechende Vergiinstigun-
gen nicht zuerkannt werden konnten.
Aus dem 14. Jahrhundert haben wir eine Reihe von Zeugnissen
tiber die schwedische Siedlung. Im Jahre 1341 zugestand Bischof
Johannes von Kurland »den Schwedischen Luden dede dath befla-
ten eilandh Runen bewanen datt ze scholen ere guder nach Swedi-
schen rechte besitten.« Im Jahre 1345 verkaufte das Kloster Padis
die Insel Gross Rogö an fiinf schwedische Bauern »na Schwedi-
schen rechten«, und im gleichen Jahre wurde das Gut »To der
Layden« an schwedische Bauern verkauft, ebenfalls nach »ius
Sveucium«. Die erste dieser beiden Úbertragungen wurde vom
Abte des Klosters im Jahre 1502 mit der Erklárung bestátigt,
dass die schwedischen Bauern das Recht hátten, wenn ihre Stel-
lung nicht anerkannt wiirde, sich an den schwedischen König
zu wenden, und »konde grote wunderinge dar other folgen.«
Der Verkauf des Gutes »To der Layden« wurde 1373 bestátigt
»secundum modum et jus Sveciae«, d. h. nach schwedischem Recht
und Gesetz. Auf Grund dieser beiden Quellenstellen diirfte der
Schluss berechtigt sein, dass den schwedischen Bauern als Ko-
lonisten das Recht zugesichert war, ihre Stellung als freie Bauern
unter dem Schutze des schwedischen Rechtes beizubehalten, eine
rechtliche Stellung, die in letzter Instanz vom schwedischen König