Le Nord : revue internationale des Pays de Nord - 01.06.1941, Síða 179
DIE ESTLANDSSCHWEDEN
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terricht an dieser Schule wurde von reichsschwedischen und est-
landsschwedischen Lehrern erteilt. Jedes zweite Jahr wurde das
Abiturium abgelegt. Mit Hilfe von Mitteln, die von dem obener-
wahnten Estlandsausschuss zur Verfiigung gestellt wurden, haben
sámtliche Abiturienten, die den Wunsch danach hatten, ihre
Studien an der Universitát in Dorpat fortsetzen können. Man
hatte gehofft, auf diese Weise junge estlandsschwedische Studen-
ten zu Fiihrern ihres Stammes auf verschiedenen Gebieten aus-
zubilden. In der schwedischen Siedlung war námlich ein grosser
Bedarf an estlandsschwedischen Geistlichen, Lehrern, Arzten,
Gemeindesekretáren, Agronomen, Krankenschwestern usw. vor-
handen. Dank einer zielbewussten Arbeit in den i93oer Jahren
gelang es, fiir die meisten dieser Aufgaben eine Anzahl Estlands-
schweden auszubilden. So wurde die kirchliche Tátigkeit, die auf
Grund der Initiative des schwedischen Erzbischofs Nathan Söder-
blom von Schweden aus kráftig unterstiitzt wurde, nur von est-
landsschwedischen Geistlichen geleitet. Fiir den allgemeinen Volks-
unterricht waren die 20 estlandsschwedischen Volksschulen tátig.
Eine von ihnen, die Volksschule in Reval, bezog eine jáhrliche
Unterstiitzung von 2000 Kronen vom schwedischen Staat. An
sámtlichen Schulen waren schwedische Bibliotheken eingerichtet,
die von der Bevölkerung fleissig benutzt wurden.
Die im vorstehenden von der kulturellen Lage der estlands-
schwedischen Bevölkerung gegebene Schilderung bezieht sich auf
die Zeit vor dem russischen Einmarsch in Estland 1940. Danach
senkte sich ein eiserner Vorhang zwischen der schwedischen Sied-
lung und Schweden nieder.
Die gewaltigen politischen Veránderungen waren ein ausser-
ordentlich harter Schlag fiir die estlandsschwedische Bevölkerung,
die ja in den von strategischem Gesichtspunkt aus immer noch
bedeutungsvollen Kiistengebieten ansássig war. Die Bevölkerung
von Odinsholm, Nargö und den Rogö-Inseln wurde bald nach
dem Festlande evakuiert. Von den verschiedenen schwedischen
Siedlungen wurden damals Petitionen an die neuen Machthaber
gerichtet mit dem Ersuchen, nach Schweden iibersiedeln zu diir-
fen. Nur das erste Gesuch von 110 der 360 Rogöschweden wurde
von den sowjetrussischen Behörden bewilligt.
Am 17. Oktober 1940 traf der kleine Volkssplitter, fast aller
Mittel entblösst, auf dem Seewege in Stockholm ein. Die Entschá-
digung, die den Rogöbewohnern fiir ihre Gehöfte und Schiffe aus-
bezahlt worden war, hatten die russischen Behörden nebst Bar-