Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1977, Blaðsíða 280
Zu Nibelungenlied 1581-1583
Von Heiko TJecker
Auf dem Weg zu den Hunnen gelangen die Nibelungen an die
Donau, die sie iiberqueren mussen. Nach dem Ubersetzen zer-
schlågt Hagen das Schiff: “Do si daz schif entluoden und gar ge-
truogen dan, / [... ] / Hagene ez sluoc ze stucken und warf ez an
die fluot”. (1581,1—3)1. Auf Dancwarts verwunderte Frage naeh
dem Weshalb antwortet ihm der Bruder:
Do sprach der helt von Tronege: “ich tuon iz uf den wån,
ob wir an dirre reise deheinen zagen hån,
der uns entrinnen welle durch zageliche not,
der muoz an disem wåge doch liden schamelichen tåt”
(1583)
Hiermit erreicht die Schilderung des Donauiiberganges ihren
Hohepunkt, der vorbereitet wird durch die Erwåhnung voraus-
deutender Elemente: der Traum Uotes (1509), die Warnung Ru-
molts (1517), dazu die Håufung epischer Vorausdeutungen auf das
kunftige Los der Burgunden (1507,4; 1511,4; 1513,4; 1516,4;
1520,4; 1523,4), die Weissagungen der Meerfrauen2, die Hagen er-
zåhlen, dass nur der Kaplan zuriickkehren werde (1539-1542), was
auch eintrifft, obwohl Hagen ihn in das Wasser wirft (1576; 1579).
1 nach Hs. B.: Das Nibelungenlied, Nach der Ausgabe von K. Bartsch, heraus-
gegeben von Helmut de Boor, 16. Ausg., Deutsche Klassiker des Mittelalters
(Wiesbaden, 1961). Die Hss. A und C weichen im Inhalt nicht ab, vgl. M. S. Batts,
Das Nibelungenlied: Paralleldruck des Handschriften A, B und G. Nebst Lesarten
der ubrigen Hss (Tiibingen, 1971), S. 480-81.
2 das Motiv der Meerfrauen erinnert an das der Schwanenjungfrauen, wie es
im Skandinavisehen vorkommt, aber auch im Friedrich von Schwaben (ed. H. Jel-
linek. 1904 = Deutsche Texte des Mittelalters 1). Vgl. H. Holmstrom, Studier over
Svanjungfrumotivet (1919); und F. Panzer, Das Nibelungenlied: Entstehung und
Gestalt (Stuttgart, 1955), S. 384.