Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 46
44
(s. o. S. 37), mussen wir fur Thjodolf aus dem Spiele lassen. Weiter als
bis zur bloGen Vermutung, daB Thjodolfs Kenning „windlose Woge“
fur Met etwa als eine Assoziation an See und Tod durch Ertrinken durch
ein mogliches Wissen gerade vom Fali in das MetfaB inspiriert sein
konnte, gelangt man nicht. Aber sobald die Geschichte einmal entstanden
war, muGte sie zugleich mehrere Bestandteile enthalten. Als runde, miind-
liche Erzåhlung braucht sie ein festes Bild und eine geschlossene Szene
als Kern, und so war wohl von Anfang an von der auBerordentlichen
GroBe des Fasses die Rede, so daB ein Mann darin ertrinken kann, mog-
licherweise schon mit dem hier naheliegenden typischen Erzåhlmotiv nåcht-
licher Trunkenheit und dem Hinweis auf ein notwendigerweise voraus-
gegangenes Gelage verbunden. Damit ist der GrundriB von Snorris Fabel
gegeben, die also nicht von ihm aus Thjodolfs Wortlaut herausge-
sponnen20, sondern wegen des mit HN gemeinsamen (und damit bereits
der Vorstufe zugehorigen) Bildes vom MetfaB fruher oder spater als
selbstandiger begleitender Prosatext zum Gedicht hinzugetreten ist. Fails
Snorri, wie G. Storm21 meint, Freundschaft zwischen Fjolnir und Frodi
hinzugemalt hat, dann ist dies jedenfalls vom Uberlieferungskern (der
den Friedensfrodi von Thjodolf her enthalten haben kann) nicht weit
entfernt.
Bei S v e i g d i r bringt schon Thjodolf eine runde Fabel. Was
Snorri dariiber hinaus hat: den Zwerg sitzend vor dem Feisen, nach Son-
nenuntergang, die Trunkenheit Sveigdirs und seiner Manner, das sind
Bestandteile echter Volkssage. Die Zeit nach Sonnenuntergang — in
heutiger Sage nach Gebetlåuten — ist die Freizeit der Damonen; Trun-
kenheit ist der Zustand, in dem der Mensch hellsichtig ist fur die Uber-
welt und mehr erleben kann als sonst; auch die Lockung mit etwas Er-
wiinschtem ist echt. Das alles ist keine Erfindung der Schreibezeit, son-
dern Volksdichtung und kann von jeher mit dem von Thjodolf geformten
Hauptteil verbunden gewesen sein22. Aber Odin und iiberhaupt die Odins-
suche, die mit der Herkunft des Sohnes Vanlandi von miitterlicher Seite
verkniipft ist? Odin im Stein braucht nicht christliche Verteufelung23 zu
20 G. Storm, Snorre S. 106.
21 Snorre S. 106.
22 Vgl. auch Lindqvist, Uppsala hogar S. 309.
23 So G. Storm, Snorre S. 106. Einen einstigen Thors-Mythus sieht H. Schiick,
Studier i nord. litt.- och rel.-hist. I, S. 47 ff. hinter Sveigdir; vgl. Schuck-Warburg
1, S. 7°-