Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 257
255
hieraus ergebende Dreiteilung in Beginn, Regierungsweise und Ende an
sich eine ganz natiirliche Anlage einer solch knappen Fiirstenbiographie
darstellt, ist nun gerade die Beschrånkung dieses zweiten Themas, des
Konigswirkens im Mittelteil, auf ganz allgemeine, summarische Aussagen:
er hielt Recht und Frieden (Harald Schonhaar); die Regierung war kaum
ertråglich (Erich) ; zu hart (Tryggvi); es waren niemals so gute Zeiten,
er wahrte das iiberkommene Recht, er war allgemein beliebt (Hakon der
Gute); es herrschten Hunger, Not und Gewalttat (Erichssohne); Krieg
und Unfrieden, Ausschreitungen (Hakon Jarl) — wåhrend dem gegen-
iiber Einzelereignisse aus der Regierungszeit der Fiirsten, ihre Taten
als Konige und Krieger, in diesem Mittelstiick nicht angegeben werden
(abgesehen also von den Erweiterungen in den erhaltenen Denkmålern,
die fiir sich zu betrachten sind). So gesehen, verliert z. B. das Verschwei-
gen der Schlacht von Hjorungavag in den drei Denkmålern alles Auf-
fållige2. Das ist zugleich eine Beschrånkung des Mitzuteilenden auf einen
bestimmten Stoffkreis aus dem Leben der betreffenden Personen, welcher
in ihrer gleichmåBigen Wiederkehr etwas Grundsåtzliches anhaftet, der
Charakter einer gebråuchlichen Mitteilungsart fiir solche kurze Dar-
stellungen.
Die Gemeinsamkeit einer derart beschrånkenden Auswahl in den drei
Denkmålern erstreckt sich nun auch auf Stikke des Agr., die nicht mit
HN oder Th. zusammenf allen; die Vollståndigkeit des typischen Stof fes
ist im Agr. håufiger erreicht als in den beiden anderen. Das alles be-
zeugt, daB diese Mitteilungsart im Agr. ohne EinfluB der Chroniken
auf eine åltere Stufe zuriickgeht. Da auch zwischen HN und Th. die
Gemeinsamkeit der Stoff auswahl umf assender ist als die des Textes (o.
S. 252), fugen sich diese Beobachtungen den Ergebnissen der Textunter-
suchung ein. Weil nun ein Vergleich der Inhalte dieser Aufbauform mit
den sog. Kernstellen bei Th. und HN (o. S. 148) zeigt, daB diese sie
bald ganz bald nur zum Teil erfiillen, aber sie niemals iiberschreiten,
und da die Kernstellen an sich nur ein MindestmaB der gemeinsamen
Urstufe bedeuten, so darf man folgern, daB auch die Urstufe diesen
dreiteiligen, stofflich beschrånkten Aufbau der einzelnen Biographien
besessen håbe. Das Agr. repråsentiert damit die Urstufe vollståndiger als
die beiden Chroniken. Anderseits wird im Agr. der Rahmen der Mit-
teilungen oft und weitgehend uberschritten, indem Einzelereignisse zu-
* Das K. Maurer, Ausdr. (Amn. 28) S. 625, darin gesehen hat.