Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Side 52
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flir ein Naturelement, Skjalf dagegen ist ihm handelnde Person gleich
Agni, dessen Gattin. Daraus muB man folgern, daS Skjalfs Zugehorigkeit
zu Fornjots Sippe bei Snorri nicht zu Thjodolf zuriickfiihrt. Es bleibt
deshalb dunkel, welcher Abstammung Skjalf frir Thjodolf ist. Gottheit
im Sinne der mythologischen Erklarer ist sie ihm mit ihrer ganzen Fabel
und ihrer Vaterrache sicher nicht mehr; hiegegen spricht schon ihr Platz
inmitten der Stammbaumreihe, der dem Amals in der ostgotischen Sippen-
tafel und Volsungs in der Volsungensaga gleicht: der eponymos kommt
erst nach einer vorhergehenden Reihe mythischer Sagenfiguren37. Wie
Frodi und Fjolnir ist auch Skjalf bei Thjodolf bereits historisiert (s. o.
S. 37)38* So kann also die Finnlandfahrt Agnis und die Verkniipfung
Skjalfs mit der Fornjotsippe bei Snorri jung sein. Ja, sie paBt eigentlich
nicht recht zur Fabel: Erschlagung des Vaters und Rache der entfuhrten
Frau dafiir. Die Verkniipfung einer solehen durchaus diesseitigen Hand-
lung mit einem Damonengeschlecht ist erst moglich, wenn dieses schon
ganz euhemerisiert worden ist wie Frosti und seine Kinder eben bei Snorri.
Skjalfs Rachefabel unterscheidet sich auch durchaus von der Drifas bei
Vanlandi: diese råcht die vergessene Ruckkehr, und dies ist Sagen- und
Mårchenmotiv, jene dagegen den Vater, was heldenepischer Vorwurf ist
und wesensmåBig nicht zur Verbindung mit einer Jenseitigen gehort.
Auch von hier aus stellt sich die Vaterracherin Skjalf — sicher schon
fur Thjodolfs Zeit — in den Kreis der Heroen, der irdisch gewordenen
Ahnen.
Es entsteht die Frage, warum diese Rachefabel gerade mit einem
Finnlandzug verkniipft worden ist. Die nåchste Antwort liegt in den
Namen Logi und Skjalf in Thjodolfs Gedicht. Snorri kannte Logi ja als
mythische Figur, d. h. nach seiner Auffassung als zauberisches Wesen und
damit, wenn nicht als Blendwerk, so als „Finne“, und auch der Name
Skjalf wird ihn an den gleichen Kreis erinnert haben; so mag ihm eine
Finnlandfahrt analog derjenigen Vanlandis als die wahrscheinlichste Vor-
geschichte zur Fabel Agnis erschienen sein — ob er sie nun bereits vor-
fand oder selbst konstruierte38a. Damit wird nicht ausgeschlossen, daB er
trotz der Erklårung Logis zu Skjalfs Bruder die mythische Natur Logis
37 Wessén, Sveriges hedna mytologi S. 54, Anm.
38 Mir bleibt es immerhin zweifelhaft, ob diese Skjalf der Skilfinger wirklich
etwas mit der mythischen Freyja-Skjalf zu tun hat und nicht einfach als wirklicher
heros eponymos aus dem Namen Skilfingar herausgesponnen wurde.
æ* S. hiezu auch H. Schuck, Ynglingatal 2, S. 69.