Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 49
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Zur Durchfiihrung des Uberfalles ist eine Zauberhandlung notwendig und
auch diese spaltet sich: Todesbann iiber den Vater und auBerdem Mord-
fluch viber die kommenden Geschlechter. Uberdies flicht sich das Motiv
der bosen Stiefmutter ein: die verstoBene Gattin laBt den Unheilsfluch
auf den Stiefsohn legen. Diese Doppelstrangigkeit sieht nach Vermischung
aus. Die Fluche auf Gold und Nachkommen wirken wie eine Art Leit-
motiv fiir die ganze Reihe und scheinen erst hineinkomponiert zu sein,
als die ganze schwedische Ynglingerreihe bereits im Gefiige fertig vor-
lag31. Den Ungliicksfluch viber Domaldi kann man nun auf sein Ernte-
Unheil beziehen; der Halsschmuck bringt Agni den Tod; Sippenmord
heert zwischen Alrek und Eirik, Alf und Yngvi; Onund failt (nach
Thjodolf und HN) vor der (Vater-) Rache des Bruders. Diesen kursori-
schen Ablauf muBte man viberblicken konnen, wenn das Fluchmotiv nicht
blind bleiben soilte. Vielleicht darf man die Doppelstrangigkeit in zwei
Schichten auflosen: GattenverstoBung und Tod durch die Sohne hiefvir
als Grundlage, streng auf Visbur beschrankt; das Ubrige ist Bestandteil
31 Ob dies erst Snorri tat, wie Schiick, Ynglingatal 2, S. 68, will, ist nicht
zu entscheiden. In seiner Svensk literaturhistoria i (Stockholm 1890) S. 65 f. verlegt
er, Geijer folgend, das Leitmotiv der schwedischen Ynglingerreihe in die Zeit vor
Thjodolf. Richard Steffen in Svenska literaturens historia 1 (Stockholm 1923)
S. 13 f. tragt die Ansicht noch entschiedener vor, daB dies „ein Werk alter, un-
bekannter Skalden sei ... in Liedern, aus welchen der Skalde (d. i. Thjodolf)
seinen Stoff geholt habe“. Das setzt voraus, daB die schwedische Reihe schon vor
Thjodolf als zusammenhangendes Ganzes bestanden håbe, wovon Thjodolf (und
im AnschluB an ihn die Begleitprosa) Reste bewahrt håbe. Steffen weist auf die
åhnliche Rolle des Hortes in der Volsungasaga und des Schwertes in der Hervarar-
saga hin. Die genealogische Ordnung der schwedischen Konige bei Thjodolf schreibt
Schiick ebenfalls bereits dem altschwedischen Original Thjodolfs zu: Schiick-War-
burg S. 70. Wenn er jedoch ebda. S. 71 Gisi und Ondur (welche Worter ehemals
Gerate zur Feuerbestattung bezeichnet hatten) erst von Snorri aus von ihm nicht
zitierten, sicher korrumpierten Strophen Thjodolfs falschlich in Sohne Visburs um-
deuten laBt — so daB also Thjodolf selbst noch lediglich einen Einåscherungsvor-
gang beschrieben håbe — so steht das im Widerspruch zu Schiicks eigener An-
nahme eines uralten Bannfluches iiber Visbur und seine Nachkommen. Das ist alles
hochst unklar und beruht mit der Behauptung verlorener Strophen (vgl. o. S. 20)
auf sehr unsicherer Grundlage. Was demgegeniiber feststeht, ist allein Thjodolfs
Meinung in seiner Strophe (s. o. S. 37) und die Tatsache einer auffallenden Mo-
tivhaufung, die auf eine sekundåre Verbindung verschiedener Uberlieferungen,
gerade am Ubergang zweier Stammbaumreihen (Sveigdir-Visbur und Domaldi-
Dag) deutet. tiber das Alter der Haufung, ob vor oder nach Thjodolf, ist nichts
auszumachen, doch stehe ich friihzeitiger Entstehung skeptisch gegeniiber.