Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 50
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erst einer spåteren Stufe, die aus ihrem Uberblick iiber das Ganze typische
Erzåhlmotive bewuBt und planvoll verwendet.
Nun A g n i. Gemeinsam mit Thjodolf berichten Snorri und HN
von einer Hångung dieses Konigs. Dariiber hinaus haben Snorri und
HN, daB es die Gattin war, die mitteis einer Goldkette (HN) oder
eines goldenen Halsbandes (Snorri), mit eigenen Hånden (HN) oder
mit Hilfe ihrer Leute (Snorri) Agni auf einen Baum aufhångte. Als
Thjodolfs Meinung ergab sich oben, daB die Hångung Ergebnis von
Skjalfs Tat sei. Daraus ist zu folgern, daB schon die miindliche Uber-
lieferung, zumindest nach Thjodolf, Skjalf mit der Gattin Agnis gleich-
gesetzt hat (und nicht erst Snorri, wåhrend HN den Namen verloren
hat). Wenn aber Skjalf, Wesséns und anderer Deutung zufolge, als heros
eponymos der Skilfinger anzusehen ist, dann muB sie auch schon fur
Thjodolf als Gattin Agnis gegolten haben, und der Gattenmord der Frau
gehort zu seinem iiberkommenen Stoff. Aber ein solches Motiv, von der
Ahnfrau erzåhlt, verlangt seine Begriindung, und es liegt kein AnlaB vor,
Snorris Vaterrache als dessen Neuerfindung und flir Thjodolf etwas Ver-
lorenes anzunehmen. Dann muB ebenfalls erzåhlt worden sein, daB Agni
den Vater Skjalfs (im Kampf, auf einem Heerzug?) erschlagen håbe;
das Erbmahl mit Trunkenmachung, dies altepische Vorspiel kalter Rache,
kann ebenfalls bei dieser Stammessage dabeigewesen sein — eine volle
Fabel, schon fur die Zeit des jungen Harald Schonhaar nicht unwahr-
scheinlich32. Die Rolle des Halsschmuckes ist bei Thjodolf unklar (doch
nur fur uns), auch der Ausdruck vid Taur (oder taur) ist umstritten:
ob Ortsname „(Sdder-)Torn“ oder ob „Zaum“, und damit auf den Hals-
schmuck im Sinne Snorris und der HN deutend (mit dem, daran hångend,
Agni den Galgen ,,ritt“). Wenn letzteres, hatte auch Thjodolf Hångung
32 Ich halte also Schiicks Auffassung, Ynglingatal 2, S. 70, daB erst Snorri
oder Ari die ganze Rachefabel allein aus Thjodolfs Strophe — aus Skjalfar rod,
das er als „EheschlieBung mit Skjalf" verstanden, und aus der Hangung —
herausgesponnen håbe, fur unwahrscheinlich. Nach meiner ganzen Ansicht iiber
die Funktion des Ynglingatals zu Thjodolfs Zeit und an Rognvalds Hof muB eine
bestimmte, bekannte Meinung hinter den Andeutungen des Skalden gestanden ha-
ben, und es liegt schlechthin nahe, daB der Gattenmord eine Rachetat war, eben
dann fur den Vater, wie Snorri berichtet. Damit ergeben sich auch die weiteren
Motive von selbst. — Eine nachtragliche Verbindung des Ortes Agnafit mit Agnis
Saga erst durch die islandischen Ethymologen aufgrund ihrer Kenntnis des Malar-
zuges Olafs des Heiligen (s. d. K. 7), ist an sich moglich (Schiick, a. a. O. u.
S. 84).