Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 105
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aus einem groBeren Wissen um einer iiberlieferten, bestimmten Themen-
stellung willen dar. Diese Auswabl diirfte jener erste Verfasser der Yng-
lingerreihe der HN und derjenige, auf den der Thattr zuriickgeht, getrof-
fen haben. Die sowohl der HN wie dem Thattr gemeinsame Geschichte
von Gudrod Jagdkonig erhellt deutlich das Verfahren: beide Verfasser
erziihlen ihrem Thema entsprechend den letzten Akt des Dramas: den
Mord und seine Anstiftung durch die Gattin. Gleich Thjodolf begnugt
sich die HN damit. Der ausfuhrlichere Thattr, der die Verbindung
Halfdans des Schwarzen mit Agder zu berichten und zu erklåren hat,
fiihlt sich genotigt, das Motiv, die Sippenrache Asas zu enthiillen; aber
er macht es auf die Weise, daB er es als nachgehångten, zeitlich zuriick-
greifenden Kausalsatz, als Begrundung, nicht als Erzåhlung anfiigt:
pvi at ... Snorri dagegen erzåhlt im epischen Ablauf: von der vergeb-
lichen Werbung Gudrods nach dem Tod der Alf hild bis zum Bekenntnis
Asas zu ihrer Tat. Das ist etwas prinzipiell anderes, das den Unterschied
zwischen HN und Thattr auf der einen und Snorri auf der anderen Seite
zeigt. Es ist zugleich ein Unterschied zur alten Ynglingerprosa, die
Snorri vertritt, und aus der die Vorstufen der HN und des Thattr ihre
Darstellung herausstilisiert haben. Die Begleitprosa beschrånkt sich ja
nicht auf das Todesthema, wenn sie auch darin gipfelt, und auf die Per-
sonalien, sondern sie kann in den Vorgeschichten weit zuriickgreifen und
bietet geschlossene Fabeln. Auch dies erweist ihre Existenz als Einzel-
erzåhlungen, die in sich geschlossene Einheiten bilden und nicht dem
Aufbaugesetz der Ahnenreihe unterworfen sind. Man mochte folgern,
daB schon Thjodolfs LangfeSgatal mit seiner Themenbegrenzung aus
diesen einst unabhångigen Erzåhlungen herausstilisiert ist, was die beiden
Prosareihen sodann wieder aufgenommen haben171. Snorri dagegen, der
keine Ahnenaufzahlung, sondern eine moglichst umfassende Saga der
Ynglingerzeit gestalten wollte, hat daher an die urspriingliche epische
Begleitprosa angekniipft.
Konnte ihm aber nicht gleichwohl diese Prosa bereits als das Ganze
einer zusammenhångenden Saga vorgelegen haben?172 Mit dazugehoriger
1,1 Uberlieferungen neben dem Ynglingatal nehmen bereits S. Bugge, Bidrag
t‘1 den ældste Skaldedigtnings Historie (Chri. 1894) S. 141, Schiick-Warburg2
(r9* 1) S. 44, B. Nerman, Fornvannen 1917, S. 231 ff., A. Heusler, Altgerm. Dich-
tung (1929) S. 90 an. Von Begleitprosa spricht auch S. Nordal, Snorri Sturluson
(1920) S. 38.
ln Was zuletzt F. Jonsson im Arkiv 50, S. 194 f. angenommen hat.