Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 181
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ohne gemeinsame schriftliche Vorlage (s. o. S. 146 f.). Damit ist die grund-
såtzliche Moglichkeit eines gleichen Verhåltnisses auch beim Agr. gege-
ben. Eine solche Annahme ist geradezu die Konsequenz aus dem Neben-
einander von HN und Th. Wenn man dem dortigen Ergebnis zustimmt,
muB man einråumen, daB auch noch dritte Texte gleicher Art daneben
vorhanden gewesen sein konnen. Sie darf man als Vorstufen des Agr.
annehmen.
Stammen dann die Zusåtze des Agr., die in keinem Widerspruch zu
Th. und HN stehen, aus dritten Quellen oder gemeinsamen Vorlagen?
Wer an der direkten Benutzung Th.s festhålt, muB sich klar machen,
daB die zu ihm in Einzel- und Wechselparallele stimmenden Plusstellen
(s. o. S. 174 ff.) wiederum nicht aus Bruchstucken, sondern aus ganzen
Berichten stammen. Diese sind dann als weitgehend mit Th. ubereinstim-
mende, jedoch ausfiihrlichere Parallelberichte anzusehen. Wenn man mit
der Forderung der inhaltlichen und erzahlmaBigen Geschlossenheit Ernst
macht, bleibt von allen Parallelstellen im Grunde nichts mehr iibrig, was
Agr. nicht aus diesen dritten Berichten haben konnte, und die Ab-
hangigkeit von Th. zerrinnt vollig. Nimmt man aber die Herkunft der
widerspruchslosen Plusstellen zusammen mit den Parallelen aus gemein-
samen schriftlichen Vorlagen sowohl mit HN wie mit Th. an, dann
hat man erneut das Dilemma des ståndigen Wechselns des Agr. zwi-
schen drei Vorlagen: der mit Th. gemeinsamen, der mit HN gemein-
samen und jener dritten, die zumindest fur die jiingeren Haraldinger
und Hakon gefordert werden muB. Wenn man dagegen, aus den ge-
samten bis jetzt gemachten Beobachtungen die Folgerungen ziehend,
den hier betreffenden Text des Agr. als eine dritte Variante aus einem
Kreis verwandten Vorzeitswissens (s. hiezu u. S. 288 f.) ansieht, sind die
Schwierigkeiten des ståndigen Wechselns zwischen drei Vorlagen (wovon
zwei verlorene Schriftwerke sein miiBten) behoben. Allerdings muB man
sich von dem Apriori der bisherigen Forschung freimachen, daB der Stoff
so reich und die Textgleichheit so eng sei, daB sie schriftliche Vorlage
unabweisbar mache. Der parallele Inhalt flir die Zeit von Harald Schon-
haar bis Hakon Jarls Tod ist so knapp als nur denkbar und dadurch so
leicht im Gedåchtnis zu behalten, daB es keiner iibermåBigen Kunst
bedarf, ihn auch wortlich gleichlautend durch mehrere Generationen als
Ganzes zu iiberliefern, und — woher hatten denn die verlorenen Vor-
lagen die „Stoffiille11 und die Textgleichheit? Einmal muB sie ja in
miindlicher Uberlieferung gelebt haben, und wenn sie der Verf asser
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