Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 30
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Dann darf man annehmen, daB jedenfalls Eyvind diese beiden Gudlauge
fur ein und dieselbe Person hielt und auf Grund seiner Kenntnis des
Ynglingatals dessen Jorund als den einen seiner „Yngvi-Sohne“. Bei diesen
muB es sich ohnehin um gleichzeitige Herrscher handeln, wenn sie gemein-
sam Gudlaug hangen, am natiirlichsten um Bruder, und dann ist es nahe-
liegend, daB Eyvind eben wirklich an die Sohne des im Ynglingatal vor-
ausgehenden Yngvi Alrekssohn, nicht unbestimmt an „Ynglingerkonige“
gedacht håbe21. Den Ausdruck synir Yngva oder die Tatsache, daB Jorund
einen Bruder besitze, konnte dabei Eyvind nicht dem Ynglingatal ent-
nehmen; so muB man weiterfolgern, daB er eine zusatzliche Uberlieferung
hatte, gleich der Snorris, daB es sich hier um Bruder handle, ein drittes
aufeinanderfolgendes Paar zwischen Agni und Aun. Doch warum nennt
Thjodolf nichts von Eirik? Weil er nichts mit dem Tod Jorunds zu tun
hat. Die beiden anderen Briider Eirik und Alf sind ja die Toter Alreks
und Yngvis und gehoren damit zum Thema des Gedichtes. Man beachte,
daB Ari in seiner Islendiugabok Eirik, Alf (und Eirik Yngvissohn) iiber-
haupt nicht nennt, sondern nur die direkten Ahnen Rognvalds, bezw.
seine eigenen. Dieselbe Auffassung, daB Alrek und Yngvi die direkten Vor-
våter, Eirik und Alf die Nebenlinien sind, kann man auch fur Thjodolf er-
schlieBen. In Str. 13 stellt er Alrek voran: Feli Alrekr, / pars Eireki ..
in Str. 14 weist er ebenfalls an erster Stelle auf Yngvi hin: Ok varS hinn,
/ es Alfr of vå ... of veginn liggja ... So kann man das Fehlen von Jorunds
Bruder Eirik als einen Beitrag zur Themenbegrenzung nennen. Dagegen
waren fur Eyvind beide anzufuhren, wenn sie beide gemaB seiner Uber-
der Stammbaum Hakon Jarls ist so wenig eine individuelle Erfindung des Mannes
Eyvind wie der Rognvalds diej enige Thjodolfs. Ich neige sehr zu der Auffassung
W. Gronbechs, daB wir es hier mit wirklichen alten Ahnenaufzahlungen nach der
Art des Hyndlaliedes zu tun haben, die nicht durchwegs auf der Vater-Sohn-Ab-
folge beruhten, sondern in sich iiberschneidenden Kreisen verschiedenste Versippun-
gen, auch Zieh- und Blutsbriiderschaften, umfassen konnten (Gronbech, Kultur und
Religion der Germanen, Hamburg 1937, 1, S. 292 ff.). Die Nachahmung Eyvinds
besteht darin, daB er fur die Umwandlung in die moderne Form des Stammbaumes
mit durchgehender Vater-Sohn-Folge Thjodolf zum Muster nahm und dabei dessen
Form und Pragungen entlehnte. An eine genaue Synchronisierung beider Reihen
braucht er (und sein Kreis) dabei gar nicht gedacht zu haben. Briiche in einer
solehen werden wir z. B. zwischen Skjoldungen- und Ynglingasaga feststellen, und
auch sonst beachtet Snorri sie keineswegs immer. Unsere modernen Rechnungen
werden hier der Auffassung des Altertums offenbar nicht ganz gerecht.
21 Wie Schiick a. a. O. S. 31 meint. — Jorund und Eirik als Yngva synir sind
also nicht erst Snorris Kombination, wie Schiick ebd. annimmt.