Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Side 39
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Wer ist F r o d i, bei dem Fjolnir den Tod durch den Met findet? Der
Dånenkonig Friedensfrodi (wie bei Snorri) ? Als „wo der Weise wohnte“
Fjolnir selbst, oder urspriinglich identisch mit Freyr, und Fjolnir (< ur-
germ. *FeldunlR) der Diener Freys, Korndåmon, der im Trinkhorn un-
tergehen muB, um dem Trunk Kraft zu geben?40 Wir kennen nicht Thjo-
dolfs Darstellung von Yngvi, Njord und Freyr. Wenn man mit A.
Heusler die euhemeristische Auffassung der Gotter erst der islåndischen
Gelehrtenzeit Aris und Snorris zuschreibt41, bleibt fur Thjodolf die Mog-
lichkeit offen, auch Fjolnir noch als Gottheit und seinen Tod als sakrales
Geschehen aufgefaBt zu haben. Aber wenn Fjolnir als siklingr bezeichnet
wird und ihn die windlose Woge of vida skyldi („bezwingen sollte“)42,
so stellen diese Ausdriicke Fjolnir in eine Linie mit den zweifellos irdi-
schen Konigen, vgl. of vida bei Adils und Olaf Geirstadalf, siklingr fur
Eystein den Schwedischen; feigdar-ord bei Fjolnir entspricht dauda-ordi
bei Dag. Der Vorgang erscheint so ganz irdisch, und wahrscheinlicher ist
es, daB Fjolnir fur Thjodolf, wenn auch unmittelbar Frevssohn, doch
irdischer Konig war43. Dann kann schlieBlich auch Frodi den Friedens-
fiirsten meinen, zumal Thjodolf ja danische Sage kennt (s. o. S. 25,
Anm. 17)44, und Fjolnirs Tod ist ein wirkliches Ertrinken.
Fur V i s b u r nimmt auch Lindqvist an, daB Thjodolf bereits Uber-
fall und Brenna meint45. Immerhin glaube ich, daB seine Deutung von
setrs verjendr als „Verteidiger des Herrschersitzes“ als Umschreibung der
nåchsten Verwandten, der Sippenhåupter, richtig ist. Kock bezeichnet den
Ausdruck uberhaupt als schablonenmåBige Furstenkenning46. — Es folgt
die umstrittene Agn i-Strophe. Zweifellos ist es, daB Thjodolf Agni
40 S. bei Åkerlund z. Stelle; fiir die mythologische Erklarung Noreen, Yng-
lingatal (1925) S. 212 ff.; H. Schuck, Studier i nord. literatur- och religions-
historia 1 (Stockh. 1904) S. 29 ff.; Schiick-Warburg S. 70; J. de Vries, Altgerm.
Rel.-Gesch. 2, S. 270 f.
41 A. Heusler, Die gelehrte Urgeschichte im altisl. Schrifttum, Bln. 1908.
42 Uber of vi'åa in diesem Zusammenhang s. Schuck, Studier i nord. litt.- och
relig.hist. 1, S. 31.
43 So auch Schiick-Warburg S. 70.
44 Die gleiche Ansicht, daB die Historisierung der Mythen bereits in der Tra-
dition um 800, die Thjodolf vorlag, geschehen war, bei E. Wessén, Ynglingatal,
Upplands fornminnesforenings tidskrift 40 (1925) S. 64 ff.
“ S. Fornvånnen 1921, S. 149 ff.; Uppsala hogar S. 305.
46 Notationes Norroenae § 1010. — F. Jonssons historische Ausdeutung auf die
3 Hbfe in Snorris Erzåhlung ist unwahrscheinlich: Hkr. IV, S. 7.