Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 108
io6
einer Gotter- und Herrscherwelt in Schweden und Uppsala, wo von
staatlichen und kultischen Ordnungen die Rede ist, zu dem engen
Kreis vorstaatlicher und geradezu personlicher Vorgånge: Ungliicksfålle,
Freundschaft, Gattenwahl und GattenverstoBung, Suche nach dem Ahn
und Rache am Vater. Diese Månner sind ganz gewiB ebenfalls Konige
und Nachfolger jener Odin, Njord und Freyr, aber ihr Konigssein bleibt
gewissermaBen unsichtbar, pragt nicht das Lebensschicksal der Handeln-
den und Betroffenen. Snorri belåBt diese Gruppe in ihrer urspriinglichen
Welt kleiner, fruher Gemeinschaften, wie sie Gegenstand der Volkssage
sind und bleiben, wo Sippe und Gehoft in zwielichthaftem Verwobensein
mit einer Uberwelt das Dasein umschlieBen176a.
Mit Domaldi und seiner Gruppe veråndert sich der Schauplatz. Was
Snorri uberkommen hat, ist ein sakrales Konigsopfer. Durch die Hinzu-
fiigung jener dreistufigen Vorgeschichte und durch die Auswirkung des
Opfers auf den Sohn Domar, der das Ernteheil wieder besitzt, das man
von einem Ynglinger erwartet, wird das Konigsdasein, das Verhåltnis zum
Volk und den Gottern das eindriicklich betonte Motiv fur das Leben
dieser Fursten. Es setzt iiber die erste Gruppe hinweg die Linie von Njord
und Freyr fort. Ebenfalls als bewuBte Fiirsten erscheinen Dyggvi mit
seinem neuen Titel konungr und Dag mit gramr und gramir, Dag, dessen
Ziel zudem eine Herrschertat ist: Heerzug und Strafe einer Unbill. Auf
solche Weise fiillt Snorri die Liicke aus, die durch die Knappheit in
Thjodolfs Worten (s. o. S. 40) und den iibrigen Mangel an Uberlieferung
in der D-Gruppe (s. o. S. 53 ff.) entstanden war, und erzielt ein ganz ein-
heitliches Bild dieser kleinen Konigsreihe. — Wenn nun auch der iiber-
lieferte Stoff das Lebensende Agnis und der beiden Briiderpaare wiederum
aus allein zwischenmenschlichen Konflikten und nicht aus ihrem Konigtum
erwachsen sein låBt, so ist es doch diesmal insofern damit verkniipft, als
die Ursachen frir den Tod in dem Heerkonigtum der Fiirsten liegen:
Skjalfs Rache wurzelt in der Heer- und Beutefahrt Agnis im Lande ihres
Vaters; Alreks und Eiriks Wettstreit und Totschlag entstehen aus ihrem
Lebensinhalt als Sportsleute und Krieger; Yngvis Ruhm und Reichtum
als hermaSr mikill ok allsigrsæll sind es, die Beras Liebe und Alfs Eifer-
sucht bewirken. Der Heerzug Agnis muB Snorri aus der Vorstufe zuge-
kommen sein (da er auch ohne Finnisierung zur Fabel gehort); die beiden
anderen Ursachen durf te er selbst aus dem Stoff herausgefiihlt haben, so
1,6a s. Verfasser in Dichtung u. Volkstura 41, S. 189 ff. u. S. 200 ff.; ebda 43,
S. 132 ff.