Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 112
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ist auch Schonen dem Uppsala-Reich eingegliedert und Ostergotland
gånzlich umklammert. Nur daS Ivar Weitbrusts sieghaftes Erscheinen
die Kronung und damit das ganze politische Werk den Hånden Ingjalds
und den Ynglingern entreiBt. Diese politische Linie ist Snorris Konzep-
tion, durch die ihm aus den verschiedenen Bestandteilen seiner Uber-
lieferung: von Siedlerkonigen, von Ingjalds Fornaldarsaga, von Ivar
Weitbrusts Vergeltung fur den Mord an seinen Gesippen aus der Skjold-
ungasaga, das geschlossene Bild eines folgerichtigen politischen Gesche-
hens erwåchst, das den Stempel innerer Glaubwiirdigkeit tragt. Diese
Folgerichtigkeit setzt er fort: Ivar Weitbrusts Sieg verbindet er mit den
ihm zugekommenen Uberlieferungen von gewaltsamer Vertreibung der
Ynglinger aus Schweden, indem er den Aufstand des Volkes gegen den
verhaBten Ingjald und dessen Sohn und Anhånger eine Begleitung und
Folge von Ivars Angriff sein låBt. So findet der Bericht von Olafs
Siedlung in Vermland seine iiberzeugende Begriindung (noch durch-
schlagender als im Thattr), und die Masseneinwanderung dorthin (mit
der ihr folgenden Hungersnot) bietet sich ihrerseits wieder als Erklårung
fiir einen nochmaligen Aufstand auch im Neuland und eine endgiiltige
Abwanderung eines Teiles der Bevolkerung nach Norwegen, wohin långst
Beziehungen durch Olaf und seinen Sohn bestehen.
Die norwegische Reihe enthiillt in ihren Sachberichten den ziel-
strebigen Aufstieg kleiner Gaufiirsten zu einem groBeren Reich, bis dieses
in einer jåhen Katastrophe unter Gudrod zusammenbricht. Und diese
liegt in der vorstaatlichen Welt: Frauenraub und Vaterrache am Gatten
sind ihre Stichworte; die Gestalt Agnis und die Charaktere aus dem
Ingjaldkreis tauchen auf. Von all den politischen Begebenheiten ist es
gerade diese eine, die epische Ausgestaltung erhålt. Das ist kein Zufall:
die epische Erzåhlung gehort den zwischenmenschlichen, nicht den staats-
politischen Vorgången. Das wird sich noch ofters zeigen.
Diese politische Linie der Norwegerkonige hat Snorri in der Vorlage
des Thattrs vorgezeichnet gefunden und er hat sie reicher und zu leben-
digerer Bewegung entwickelt. Das hat es also schon vor ihm gegeben,
jedenfalls fiir die Zeitspanne ab Olaf Baumfåller. Aus der Ingjaldssaga
und Teilen der Skjoldungasaga wie der Ynglingerprosa hat er zudem
ebenfalls politische Entwicklungen ablesen konnen. Was Snorri zu tun
hatte, war, sie zu ubernehmen, wenn er sie fiir richtig fand, und aus den
getrennten Teilen seiner Uberlieferung ein glaubwiirdiges Gesamtbild
zu schaffen (wie das gerade Ingjald oben erkennen låBt). Es ist die