Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Side 131
129
i heodricus: bedeutsame Geschehnisse miifiten vor der Vergessenheit be-
vvahrt werden; indirekt klingt auch beim Verfasser der HN durch, was
T h. unmittelbar ausspricht: selbst miisse man zur Feder greifen, da es
sonst niemand unternimmt. Beide betrachten sich als die einzigen, die
ein solches Werk uberhaupt angreifen. Wir diirfen daraus folgern, daB
der Kreis der dazu Befahigten im BewuBtsein der Zeit selbst jedenfalls
m Norwegen åuBerst klein vvar; mit vielen geschriebenen Quellen darf
tnan keinesfalls rechnen. Wie nun aber Th. seine Erstlingsschaft auf die
Mitteilungen allein islåndischer Herkunft einschrånkt, so der Ver-
fasser der HN auf die Niederschrift in lateinischer Sprache: hucusque
latino eloquio intentatum. Das laBt die Moglichkeit norroner Schrift-
quellen theoretisch offen. In welchem Umfang gilt dies intentatum? Fur
lateinische Geschichtsschreibung uberhaupt?68 Dann hat die HN von Th.
nichts gewuBt69. Oder nur fur die unmittelbar vorher umrissene Auf-
gabe?70 Die Beantwortung dieser kontroversen Frage wird immer Auf-
fassungssache bleiben; ich glaube, daB der Zusammenhang der Stelle und
gerade der relative SatzanschluB: Quod negotium auf die Dreiteiligkeit
weist: dies ist ja die gestelite Auf gabe, „mit iiberlegenem Verstand aus-
gedacht“71, unerfahrenen Schultern auferlegt, noch niemals in lateinischer
Sprache versucht. So verstanden, laBt die Stelle die Moglichkeit auch fur
lateinische Vorliiufer offen, die nicht dieses dreifache Thema aufweisen,
z. B. nur eine rectorum genealogia bringen wie Th.72. Sonach konnten
der HN sowohl norrone wie auch gewisse lateinische Darstellungen
vorausgegangen sein. Man kann hinzusetzen: nur der Vergangenheit.
Denn fur die Gegenwart schlieBt der Verfasser jede Stiitze auf andere
Autoritaten aus. Fur seine eigene Zeit hat er jedenfalls keine Vorlagen
benutzt73.
Hat die HN dann fur die Vergangenheit schriftliche Vorlagen ge-
braucht? Das hangt davon ab, was der Verfasser unter amminicula und
seniorum assertiones verstanden hat. Gjessing hat glaubhaft gemacht,
68 H. Koht, Innhogg S. 212.
M Oder sei, wie Koht a. a. O. folgert, alter als Th.
So Gjessing, Studier S. 133; F. Jonsson, Aarbb. 1928, S. 274; ASalbjarnar-
son S. 3.
n Bugges Interpretation, s. Monum. z. St.
72 So Gjessing und F. Jonsson a. a. O.
'3 Wegen der Strittigkeit der Entstehungszeit der HN hat diese Feststellung
leider wenig praktische Bedeutung.
9 BIBLIOTHECA ARNAMAGNÆANA, VIII