Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Side 138
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uberhaupt denkbar ist: er wird der Herr ganz Norwegens und regiert
es allein 70 oder 73 Jahre. Dieser gemeinsame Stil ist wesentlich. Heftet
man sich an den Wortlaut im einzelnen, so lautet der Beiname comatus
oder pulchre-comatus; das sind zwei leicht variierende Ubersetzungen
von harfagri. Die gemeinsame Vorstufe der iiberlieferten Beinamen ist
also ein nordisches, kein lateinisches Wort80. Sieht man von dem durch die
verschiedene Auffassung bedingten Wortlaut ab, so stimmen weiter Th.
und HN zusammen in: primus, totius, regnum; dem regnabat (HN)
entspricht regnavit und obtinuit regnum (Th.), eine Variierung derselben
Art wie comatus und pulchre-comatus. Auch hier mochte man annehmen,
daB der gemeinsame Treffpunkt wiederum in der Landessprache zu suchen
ist. Die nicht sachbedingten Verschiedenheiten in der Wortwahl — sach-
bedingt sind expulit (Th.) und nactus est (HN) — scheinen nur Uber-
setzungsverschiedenheiten zu sein. Vorausliegt beiden Denkmålern eine
Formulierung von gleicher Kiirze in heimischer Sprache.
Ad 2) Erichs Antritt besitzt gleiche, knappste Form. Haraldo succcssit
(Th.) und regnum post patrem . .. acquisivit (HN) zeigen wieder, daB
keine gemeinsame lateinische Vorlage vorausgeht, sondern die letzte Her-
kunft sinngleiche altnordische Wendungen sein mussen. Nun hat HN
sanguinea securis, eine Ubersetzung aus bloSox; Th. dagegen /ratrum
interfector. Das zielt letztlich auch auf blodøx81, setzt aber eine Zwischen-
stufe voraus, welche die Interpretation „Brudermorder“ an die Stelle
des eigentlichen Beinamens gestellt hat. Sie liegt vor Th. und damit
nach seinen Worten im Islandischen, vgl. bræSra sokkvir bei Egill,
Lausav. 20 (Skjaldedigtn. IA 53)S2.
Ad 3) Gunnhild gilt gemeinsam als hauptsåchliche Veranlassung von
Erichs Sturz in Norwegen. Die Wortwahl fiir diese gleiche Sache ist
jedoch in beiden Werken verschieden, so daB wieder keine gemeinsame
lateinische Vorlage zugrunde liegt, sondern der Ausgangspunkt in (gleich-
lautenden oder variierenden) heimischen Formulierungen. — Åhnlich sind
sich: quem Norwagienses revocaverunt (Th.) und consiliantibus Norwe-
giae primatibus (FIN), wobei jedoch Auffassungsverschiedenheiten zu er-
kennen sind (s. u. S. 141).
80 Das gilt noch raehr, wenn man mit Gjessing, Studier S. 142 f., comatus der
HN als Ubersetzung von lufa (oder vielleicht lufa und lucrbr) ansieht.
81 So auch Storm, Monum. z. St.
82 Ein Hinweis Jon Helgasons.