Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Blaðsíða 149
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schieden verhalten: Th. hat seine Berichte im allgemeinen kiirzer wieder-
gegeben als die HN; diese bietet also ein zuverlåssigeres Bild der Quellen
als Th. Die groBe Åhnlichkeit der Quellen notigt weiterbin zu dem
SchluB, daB die getrennten Strånge letzten Endes in einen Kreis zu-
riickfiihren mussen, der nicht nur weitgebend gemeinsames Sachwis-
sen besaB, sondern dieses auch in einer gemeinsam entwickelten und
sorgfaltig gepflegten Wiedergabe aufbewahrt und vererbt hat. Die Va-
riierung des norronen Wortlautes ist aber so geringfiigig, oft rein stili-
stisch, daB man hierin nicht Abweichungen schriftlicher Quellen, von
Redaktionen zu sehen genotigt ist, sondern man bleibt im Rahmen von
Verschiedenheiten, denen Inhalte von festgeprågter Art bei sorgfåltiger
miindlicher Wiedergabe ausgesetzt sind. Ich glaube also, daB die Vorstufe
dieser iibereinstimmenden Texte die miindliche Uberlieferung gewesen
ist. Hiefur sprechen gerade die Beobachtungen, wo man zwei verschiedene
Erzåhler am Werk zu sehen meint. Das paBt auch ganz zu den Ergeb-
nissen aus den Prologen (o. s. S. 131) und unserem bisherigen Wissen,
wonach Th. auf islåndischen Erzahlern fuBt und die HN sich durch
abweichende (norwegische) Tradition auszeichnet. Aber zu betonen ist,
daB in den hier angenommenen miindlichen Vorstufen gerade das Gemein-
same islandisch-norwegischen Geschichtswissens erscheint. Man faBt hier
einen Schimmer auch der sprachlichen Formung dessen, was jenseits der
Veranderungen in islandische und norwegische Auffassungen liegt, und
was wåhrend aller Zwischenstufen unveråndert geblieben ist. Einmal
machte sich eine von diesen bemerkbar: wo im Text des Th. die Inter-
pretation fratrum interfector anstelle des eigentlichen Beinamens in der
HN getreten ist. Festzustellen ist hieraus, daB die gemeinsamen Stellen
von Th. und HN keine Auszuge aus groBeren Sagas sind, sondern nach
Inhalt und Form als Erbgut iibernommen wurden. — Diese SchluBfol-
gerungen gelten natiirlich nur flir die Teile der beiden Chroniken, die
oben behandelt wurden. Ihnen steht eine Vielheit verschiedenen Inhaltes
und widersprechender Auffassungen von Gewicht gegenuber, die anderen
Stufen angehoren.
Es steht noch aus, die behandelten Stellen gemeinsamen Inhaltes auf
das Gewicht ihrer stofflichen Mitteilungen im Rahmen des Ganzen zu
priifen.
Sie umfassen: Harald Schonhaars Namen, Beinamen, vaterliche Ab-
stammung, Herrschaftsbereich, Regierungsdauer (Nr. 1); des Sohnes
Erichs Antritt, Beinamen, Gattin, Regierungsweise und Sturz (Nr. 2—
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