Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 293
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gedacht. Dann wird Tryggvis Schicksal erzåhlt und erst nun, nach dessen
und der Gunnhildsohne Tod und nach Olafs Geburt, Hakon Jarl vor-
gestellt, und zwar als Alleinherrscher Norwegens. Die Darstellung ist
auf diese Weise zweistrångig gebaut: nach dem Stammvater Harald,
der, im Oberland gebiirtig, sich die Seezone gewinnt, folgen zuerst die
Herrscher dieses Teils, dann diejenigen des Oberlandes, bis ein Herrscher
fremden Stammes, Hakon, beide Gebiete wieder (und endgiiltig) ver-
einigt. Mit Hakon Jarls Antritt sind nach der Darstellung der HN alle
Nachkommen Haraids und alle reguli des Oberlandes beseitigt oder (wie
Olaf Tryggvissohn) in Landfliichtigkeit, so daB dem kompositionellen
Einschnitt bei Hakon (als Beendigung der Doppellinie) auch ein inhalt-
licher entspricht: das Ende der Haraldinger und der Reichsteilung. Mit
Hakon Jarl beginnt frir die HN das eine Reich: totius Norwegiae mo-
narchiam ... sibi usurpavit (S. m). Olaf Tryggvissohn lost Hakon in
dieser Stellung ab: Norwegenses ... Olavum sibi regetn constituunt (S.
115), und nach Olafs Fail erhalten die Sohne Hakons regnum totius
Norwegiae von Svein Gabelbart iibertragen (S. 119)- So mufi auch Olaf
Gesamtherrscher sein, wenn auch seine Christianisierungsarbeit auf die
Seezone beschriinkt wird: omnes compatriotos suos in maritimis (S. 115).
Die Auffassung der HN ist somit konsequent durchgefiihrt, aber sie låBt
gewisse Fragen unbeantwortet: was ist bei der Vertilgung aller reguli
durch Hakon Jarl aus Harald dem Grenlånder und Sigurd Syr geworden,
den Våtern Olafs des Heiligen und Haraids des Harten, die so aus-
drucklich hervorgehoben werden? Man erfahrt nur, daB Olavus filius
Haraldi grenscensis in dieser Zeit (der Hakonssohne) herili solo privatus
erat (S. 120). Was hat es mit jener Tributpflicht gegeniiber Schweden
(S. 111) fur eine Bewandtnis? Der Verf asser weiB of fenbar mehr, als
er schreibt, seine Darstellung ist eine Verkiirzung auf eine einfachere
Linie. Eine weitere Beobachtung ist zu machen: die beiden Strånge der
Haraldingerzeit sind nicht gleichgewichtig gebaut. Wåhrend die See-
konige eine durchgefiihrte Grundform aufweisen, erhålt in der Ober-
landsreihe nur Tryggvi eine solche, wåhrend die anderen nur Stamm-
baumnamen sind, oder nur das Todesthema angeschlagen wird. Tryggvi
seinerseits ist erst nach dem Vorverweis auf die Olafszeit genannt. Der
Lebenslauf der beiden Olafe ist, wie bereits bekannt, weit ausfiihrlicher
als die bisherigen erzåhlt, und so entsteht der Eindruck, als ob die Ober-
landsreihe nichts anderes als die kombinierte Vorvåterreihe der beiden
Olafe und Haraids ist, d. h. urspriinglich nicht selbståndig fur sich
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