Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 299
297
driicklich das Mitwirken und die Wahl des norwegischen Volkes betont:
consiliantibus Norwegiae primatibus (S. 105), Hacon a maritimis Nor-
wegiae gentibus rex assumitur (S. 106); Norwegenses . .. Olavum sibi
regem constituunt comitemque Haconem ... expulerunt (S. 115). Wågt
man diese Bezeichnungen gegeneinander ab, so wird es deutlich: Harald
Schonhaar ist der Eroberer, der ein Schwertreich errichtet, und dieses
setzt Erich fort, wie ebenso seine Sohne. Ganz klar ist Hakon Jarls
Herrschaft auf die Macht des Schwertes gegriindet, der ja in armis
potens sich alles unterwirft (S. 111). Ein Mitwirken des Volkes ist fur
alle diese Fiirsten nicht angedeutet. Dagegen wird Opposition aus den
Reihen des Volkes gegen solches riicksichtsloses Herrentum bemerkbar,
die schliefilich zum Sturz der VerhaBten fiihrt. Die Motivierung bei
Erich lautet: ob nimiam insolentiam (S. 105), jugum illorum intolera-
bile (S. 106); fur die Ermordung Sigurds: farne ac qualibet injuria (S.
108), Rache fur die Schandung bei Gudrod (ebda.), imperialis rigor
fur diejenige Tryggvis (S. 110). Uber die Grunde zur Emporung gegen
den Jarl macht die HN keine direkten Angaben, doch kann man sie leicht
in der intemperata crudelitas Hakons erkennen (S. 111). Der Wider-
stand fuhrt zur Unterbrechung des Schwertreiches durch Hakons des
Guten Konigtum, das als das Gegenteil erscheint: es beruht auf dem
gemeinsamen Willen der primates und des Volksverbandes. Der „Gute“
ist Hakon gerade wegen der sorgf åltigen Beachtung des Volkswillens
und des ererbten Rechtes (leges patriae et scita piebis, S. 106). Und
hinter detinendae dignitatis cura (ebda.) steckt ebenfalls ein Nachgeben
vor dem Volkswillen als Grund von Hakons Apostatentum. Eine zweite
Ablosung des Schwertreiches bedeutet der Antritt Olaf 1 ryggvissohns, der
nicht nur durch ausdriicklichen Entscheid des Volkes das Konigtum er-
langt, sondern dessen Schicksal auch durch die Weigerung des Volks-
heeres zur Xeilnahme am Feldzug besiegelt wird. So kennt die HN zwei
Arten von Konigtum, die man, bei scharfer Betonung der Gegensåtz-
lichkeit, als die der Selbstmåchtigkeit der Konige und die der Volks-
måchtigkeit bezeichnen kann.
Hinter ihnen werden zwei ganz bestimmte Willenshaltungen erkenn-
bar: die der Volksverbånde zur Wahrung ihrer gesetzlichen Freiheiten
und des Rechtes gegeniiber selbstherrlicher Macht, wie das gerade die
Motivierungen der Aufstånde erkennen lassen. Auf der anderen Seite
der Wille des Kriegerfiirsten zu ebensolcher Selbstherrlichkeit, die er in
der Macht seines Schwertes und seiner Person erfahren hat und nun