Bibliotheca Arnamagnæana - 01.06.1950, Page 338
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c. DIE EPISCHEN AUSWEITUNGEN DES AGRIPS
Die erste klar faBbare Ausweitung ist die S n å f r i d-G eschichte
(3, 1—4, 5). Sie knupft an die Bemerkungen iiber Rognvald Reykill an
(2,6), so daB Svasi (3, 1) und Snåfrid (3,3) keine unbekannten Per-
sonen mehr sind. Die ganze Sage gibt sich damit wie eine erlåuternde
Geschichte zu dem zur Sohneliste gehorigen Rognvald. Aber sie enthålt
einen ungeklårten Bestandteil: den Zorn und die Verabredung Haraids
mit Svasi (3, 1—2), was naturlich seine Motivierung und epische Funk-
tion gehabt haben muB. Daraus bestatigt es sich, daB die Sage aus einem
groBeren Zusammenhang herausgeschnitten worden ist und urspriinglich
in einen Kreis von Uberlieferungen iiber Harald gehort hat, der auBer-
halb eines Konungatals steht. Das Agr. hat damit auch aus einer anderen
Gruppe von Erzahlungen und Uberlieferungen geschopft14. Die Auf-
fassung, daB die Snafridsage in geistlichen Kreisen auf Harald iiber-
tragen worden ist15, bestatigt auch der Ton der Darstellung: die Hervor-
hebung der sinnlosen Entruckung durch erotischen Zauber; die Schlan-
gen, Eidechsen, Frosche und Kroten, die dem Leichnam entfahren, das-
selbe satanische Ungeziefer, das das Innere der heidnischen Gotzenbilder
bevolkert (Hkr., Ol. helgi K. 113).
Es folgt Hakons des Guten Opferfest (5,17—19). Es
steht im Zusammenhang mit Hakons Verhaltnis zum Christentum. Hier-
iiber finden sich zweierlei Angaben: Einmal, daB Hakon zwar Christ
gewesen, aber bis auf gewisse Gebråuche um seines heidnischen Weibes
und der Gegner des Christentums willen sehr von diesem abgewichen
sei (5, 12), ein Hakon also, der aus Nachgiebigkeit zeit seines Lebens
beinahe wie ein Heide gelebt hat. Sodann wird erzahlt, getrennt hievon
durch den Bericht vom Danemarkzug (5, 13—14), wie viele um der
Freundschaft des Konigs willen entweder zum Christentum iibergetreten
oder doch Nichtopferer geworden seien, und wie Hakon selbst allenthalben
14 In solchem Sinn gehe ich mit den Ausfiihrungen von J. de Vries, Beitr. 66,
S. 86, uberein, auch mit dem, was er iiber die Aufnahme der Skaldenstrophe sagt,
und womit Agr. den ersten Schritt auf dem Weg zu Snorris Meisterwerk tut. Nur
daB ich nicht glaube, daB die „kurze Haraldarsaga", die Agr. vorgefunden hat,
eine lateinische Einleitung zu einer Hakonarsaga gewesen sei (ebda.) ; sie ist viel-
mehr Teil eines prosaischen norronen Konungatals (s. o. S. 285 ff.).
15 S. hiezu wie zum gesamten Fragenkomplex M. Moe, Samlede Skrifter 2
(1926) S. 168—197 und J. de Vries, Beitr. 66, S. 98 f.